Kastler Illustrierte von Heinz Lang
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Schweppermannspiel

1998

 

 

I. AUFZUG

1319

1. Auftritt

Der Schalksnarr eilt mit grotesken Sprüngen in die Mitte, rasselt mit seinen Schellen.

 

SCHALKSNARR (mit Verbeugung)

Zum Anbeginn erschein ich heut-

und grüß euch all, ihr lieben Leut!

Ihr seid ob meiner bunten Tracht verwundert?

Sie blieb sich gleich, Jahrhundert für Jahrhundert!

Nehmt sie als Abbild für der Zeiten Wandel,

so vielgestaltig bunt wie mein Gewand!

 

Ein Spiel soll jetzt beginnen aus Kastl`s großer Zeit

von edler Rittertreue, aber auch von Zank und Streit

 

Wir schauen heut zurück gar viele hundert Jahr,

als König Ludwig der Bayer noch Herr im Nordgau war!

Er war ein weiser Herrscher und auch ein Kriegersmann.

Ihm treulich stets zur Seite sein tapfrer Schweppermann!

 

Der Handel, den ich beginne, er ist ernst - und nur,

um Euch nit gleich zu hart zu schrecken,

spring ich voran! Seht dort in meiner Spur

folgt jetzt ein anderer - bereit , die dürre Hand zu recken

nach jedermann - ob jung, ob alt,

ob reich, ob arm - von heißen Herzen, oder berechnend kalt!

Seht hin Gevatter Tod ist auf der Reise! -

Nehmt euch in acht - er schreitet leise -

der Gottesbote Tod, der, wen er stumm berührt,

unweigerlich vor seines Herren Thron hinführt!

 

Während der Tod in weitem, schwarzen Mantel langsam hereinschreitet, enteilt der Narr mit hastigem Sprüngen.

-2-

 

TOD (ernst, traurig)

Rastlos muß ich durch die Lande ziehen.

Hilft kein Bitten, Barmen Fliehen,

Wem mich Gottes Wort gesandt

rühr ich an mit kalter Hand -

 

schlägt kein Herz in meiner Brust,

fühl kein Schmerz und spür kein Lust!

 

 

Er stellt sich unter einen Busch und hüllt sich in seinen Mantel.

Aus der Kirchenpforte links erscheint der Zug der Novizen und überquert die Bühne.

 

 

Prior Ulrich und Novizenmeister Hermann, der spätere Abt treten aus der Kirchentüre.

 

 

PRIOR ULRICH

Der Vater Abt will heut schon wiederkommen. Er glaubt, daß des Königs

Vergleich mit dem Nürnberger Burggrafen rasch gedeiht. Auch König Ludwig

hat als Gast sich angesagt zur Jagd. Ein paar Tage will er sich ausruhn hier,

bei Frau und Kind verweilen.

 

 

PATER HERMANN

Das sei ihm so gegönnt wie ihr.

Frau Beatrix ist wohl ein höficher Vergnügen gewohnt als die Gesellschaft

unserer biedren Nordgauedelfrauen. Frau Kathrein hat nit viel Sinn für Sai-

tenspiel und Stickerei.

 

 

PRIOR ULRICH

Ja, unsres Feldhauptmanns Gemahlin ist nicht für Verse und fürs Lauten-

schlagen. Die kümmert sich um Küch und Keller, ihr Mannsleut Wams und

warmes Unterzeug.

Als Ihr neulich abends aus der Chronik unsres Kloster laset, hat sie nicht

einen Augenblick mit Stopfen eingehalten, an des Junkers Hartung zerrissener

Hose.

 

 

PATER HERMANN

Kann ihr nicht böse sein deswegen! Hängt viel an ihr!

Auch kann ein jeder nicht der Poesie und Kunst ergeben sein.

 

 

Von rechts stürmt eine Schar herumtollender Ministranten herein, gefolgt von Pater Ignaz.

Sie bemerken die beiden Mönche und geben ihnen die Hand mit dem Gruß

 

Laudate Jesum Christum!

 

 

PRIOR ULRICH UND PATER HERMANN

In aeternam!

 

 

PATER IGNAZ (entschuldigend)

Den ganzen Tag nur Dummheiten im Kopf, die brauchen darum eine feste Hand!

 

 

 

-3-

 

PATER HERMANN

Pater Ignaz, denkt daran, wie ihr selber seid gewesen!

 

 

PATER PRIOR

Wie lange ist das her, daß wir selber so gewesen.

 

 

PATER HERMANN

Ja, an den Kindern sehen wir, wie schnell die Zeit verrinnt.

 

(beide gehen ab)

 

Man hört die Reigenmädchen lachen, singen, sieht sie kurz, wie sie Fangeles spielen.

Auftritt Edelfräulein und Prinzessin Anna. Die Kleine hat die Kinder ebenfalls gehört und

will so schnell wie möglich zu ihnen.

 

 

EDELFRÄULEIN

Halt, nicht so stürmisch, kleine Prinzessin. Laß mich erst Deine

Schuh festbinden.

 

 

PRINZESSIN

Mach schnell, bitte!

 

 

EDELFRÄULEIN

Nicht so ungeduldig, Anna. Du weißt, Du sollst eh nicht so viel rennen.

 

 

Die Reigenmädchen haben inzwischen mit ihrem Tanzspiel begonnen.

 

Ringelringelreihen,

gar schön ist es im Maien,

ringelringel Rosenkranz

gar lustig ist der Reihentanz!

Auseinander, husch, husch, husch,

duckt euch unterm Haselbusch!

 

 

PRINZESSIN

Aber schau, mittanzen werd´ ich ja wohl dürfen. Heute bin ich gar nicht müde.

 

 

EDELFRÄULEIN

Und wohl auch gar kein bißchen hungrig? (reicht ihr einen Apfel)

 

 

PRINZESSIN

Doch. beißt ab

 

 

EDELFRÄULEIN

Das wird den König freuen, Dich so zu sehen.

 

 

PRINZESSIN

Mutter sagt, er kommt vielleicht schon heut´?

 

 

 

 

-4-

 

EDELFRÄULEIN

Und bleibt für eine Weile da!

 

 

PRINZESSIN

Wie ich mich freu´- hier, halt mal. (Reicht dem Edelfräulein den angebissenen Apfel)

Kinder, laßt mich mitmachen!

 

 

KINDER

Die Prinzessin will mitspielen!

 

 

PRINZESSIN

Oh ja bitte, bitte!

 

 

1. MÄDCHEN

Komm her, Prinzessin Anna!

 

 

2. MÄDCHEN

Tanz mit uns!

 

 

PRINZESSIN

Ringelringelringelspiel

es blühen holde Blumen viel,

ringelringel immerzu,

das schönste Blümlein das bist du!

 

 

ALLE

Ringelringelringelspiel

es blühen holde Blumen viel,

ringelringel immerzu,

das schönste Blümlein das bist du!

Auseinander husch husch husch

duckt euch unterm Haselbusch

 

 

ALLE

Ringelringelreihen - gar schön ist es im Maien!

Ringelringel Rosenkranz, gar lustig ist der Reihentanz!

Ringelringelreihen - gar schön ist es im Maien!

Ringelringel Rosenkranz, gar lustig ist der Reihentanz!

Auseinander husch husch husch

duckt euch unterm Haselbusch!

 

Auch die kleine Prinzessin läuft mit und drückt sich unter dem Busch, darin der Tod steht.

Der Tod schlägt den Mantel auf und berührt mit der Hand den Scheitel des Kindes.

 

 

TOD (tritt zur Prinzessin)

Gott weiß, warum er mich zu dir schickt.

Warum er so jung dich holt zurück.

Du magst wohl fröhlich mit mir gehn -

im Himmel wirst du aufersteh´n (Tod geht langsam ab)

 

 

-5-

 

 

Anna hustet, bricht zusammen

 

PRINZESSIN

Mutter, Mutter, ........ bitte hilf´ mir .....

 

 

Das Edelfräulein läuft zu Anna hin

 

EDELFRÄULEIN

Meine kleine Prinzessin, was ist mit Dir? ... Bitte -

so sag´ doch ein Wort.

Sie ist so blaß, um Gottes willen, es ist ihr doch kein Leid geschehen....

Zu Hilfe, Frau Kathrein....

 

 

Sie eilt mit dem Kind auf dem Arm ab.

 

 

DIE KINDER (alle durcheinander)

Was hat sie bloß?...

Die Prinzessin ist krank...

Mich friert.

Ich mag nicht mehr weiterspielen.

Gehen wir nach Haus.

 

 

Kinder ab.

 

 

 

 

 

 

 

2. Auftritt

 

 

Hornrufe. Geleitet von Knappen und Jägern treten auf König Ludwig, Seyfried Schweppermann, der Abt Siboto von Haintal.

 

KÖNIG LUDWIG

So kann man doch vergnügte Einkehr halten! Der Hohenzoller ist zufrieden

und uns Freund geblieben.

 

 

HERR SEYFRIED

Gott sei´s gedankt. Und jetzt vergeßt einmal den Zank und Streit, mein

königlicher Herr. Politica ist gar ein häßlich Weib! Anmaßend eingebildet,

voller Selbstsucht frißt sie die Menschen auf zum Zeitvertreib! Hier könnt Ihr

ohne Sorge sein, hier seid Ihr bei den Euren.

 

 

ABT SIBOTO

Da sprecht ihr ein rechtes Wort, Herr Feldhauptmann.

König Ludwig, seid willkommen hier zu Kastl, fühlt Euch wie im eignen Haus!

 

 

-6-

 

KÖNIG LUDWIG

Habt Dank, frommer Vater! Ich kann Euch gar nicht sagen, wie ich mich freue,

endlich hier zu sein. Den ganzen Herweg schon sprach ich zu Schweppermann

von Frau und Kind....

 

 

Sie werden unterbrochen durch den Auftritt des Priors und des späteren Abts Hermann, im Gefolge die Benediktinermönche der Abtei, die den Ankömmlingen entgegentreten.

 

 

PRIOR ULRICH

Willkommen zu Kastl, königlicher Herr!

Ave, Pater Abbas

Gott zum Gruß, Herr Feldhauptmann.

 

 

KÖNIG LUDWIG

Dank, Prior Ulrich, Dank!

Doch sagt, was ist mit Euch?

 

 

PRIOR ULRICH

Mein König, nehmt euer Herz fest in die Hand.

Ein dunkler Geist ist schneller geeilt, als alle Boten und Reiter.

Er ist vor Euch hier eingekehrt, hat einer Mutter tiefstes Leid

und Trauer einem ganzen Land gebracht.

Mein König- Eure Tochter, die Prinzessin...

 

 

KÖNIG LUDWIG

Mein Ännlein, mein Kleines, was ist mit ihr?

 

 

HERMANN

Gott möge Euch trösten, mein König.

Sie ist tot. Pause

 

 

KÖNIG LUDWIG

Warum sendet der Himmel eine solche Strafe? Pause

Wo find´ ich sie? Laßt mich allein.

Ich will noch einmal zu ihr gehen, will sie in meinen Armen halten.

 

 

PRIOR ULRICH

Es gibt kein Wort, das Euch zum Trost gereichte. Doch denkt

auch daran, daß Eure Frau, die Königin, jetzt Euren Beistand braucht.

 

 

KÖNIG LUDWIG

Habt Dank, ehrwürdiger Vater, Ihr tut Recht, mich zu gemahnen, den tiefen

Schmerz mit ihr zu teilen. Komm Seyfried, begleite mich auf diesem schweren

Gang.

 

 

 

Während sie ins Klostergebäude gehen, fängt das Sterbeglöcklein an zu läuten.

 

 

 

-7-

 

 

 

II. AUFZUG

1321

 

 

Über die Bühne tollt mit lustigen Kapriolen

 

 

DER SCHALKSNARR

Ei, liebe Leut´,

er hat Euch nit vergrault, der dürre Knochenmann?

Er ist nicht angenehm zu schaun für jedermann!

Geld und Gut - nichts helfen tut!

Er kommt bei Tag, zur Nachtzeit wie ein Dieb,

ganz gleich, ob es dir leid sei oder lieb.

Was schwatz ich da und tu gescheit -

ich änders nit! Das Königskind ist jäh dahingefahren.

derweil verrann gar schnell die Zeit.

Merkt auf, was sich begibt nach zween Jahren!

 

 

Lehenstag - Zwischenszene

 

 

 

Lehenstag

 

Marktbürger und Marktbürgerinnen mit ihren Lehensgaben.

 

Pater Johannes dirigiert die Fraters aus dem Refektorium raus mit Stehpult,Tinte und Feder.

Zuletzt kommt Pater Ignaz mit einem großen Buch.

 

 

 

PATER JOHANNES

So macht doch Platz, ihr guten Leut. Stellt Euch in eine Reih, ihr werdet

einzeln vorgerufen. Ihr Fratres sehet zu, daß ihr Ordnung schafft.

 

 

FRATER SEVERIN

Der Lehenstag - ein Freudentag fürs Kloster?

Erst mal steht uns wohl Ärger bevor.

 

 

FRATER CORBINIAN

Bis der Lehensstadel gefüllt ist, ist es noch ein gutes Stück Arbeit.

 

 

PATER JOHANNES

Pater Ignaz, ich mein wir können jetzt beginnen.

 

 

PATER IGNAZ

Lehensbauer Sebastian Coberger tretet vor. Ein Gulden, fünf Kreuzer.

 

Habt ihr euer Sach?

 

-8-

COBERGER

Ja, ehrwürdiger Pater. Ein Gulden, fünf Kreuzer.

 

 

PATER IGNAZ

Ihr könnt den Hof auf ein weiteres Jahr bewirtschaften.

Gehe er in das Refektorium. Dort erhält er Speis und Trank

und Unterweisung für das nächste Jahr.

 

 

COBERGER

Zu gütig, ehrwürdiger Pater.

 

 

PATER IGNAZ

Als nächstes ruf ich auf die Lehensbäuerin Margareta Lutherin.

Ein Kalb und zwei Scheffel Korn sagt das Verzeichnis.

 

 

LUTHERIN

Mit Verlaub - die Ernt war schlecht, ein trächtig Kuh ist

verkommen. Ich kann nur ein Scheffel Korn bringen.

 

 

PATER IGNAZ

Vom Jahr vorher stehen auch noch Dinge offen. Wie stellt sie sich das vor?

 

 

LUTHERIN

Habt Nachsicht und gewähret einen Aufschub,

beim nächsten Lehenstag will ich die gesamte Schuld begleichen.

 

 

PATER IGNAZ

Zwei Scheffel Hafer noch dazu als Strafe. Und denk daran, ein weiteres

mal kann es kein Nachsehen geben.

 

 

LUTHERIN

Zu gnädig, ehrwürdiger Pater. Habt Dank

 

 

PATER IGNAZ

Lehensbauer Ulrich Eytlberger?

 

 

EYTLBERGER

Jawohl, hier ehrwürdiger Pater. Zuzüglich der jährlichen Gabe an Getreide

bring ich Euch heute, wie gefordert, auch drei Stück Federvieh.

 

 

 

PATER IGNAZ

Fratres, bitte helft, die Dinge wegzuschaffen.

 

 

FRATER SEVERIN

Ja, ja, ich komme schon.

 

 

PATER JOHANNES

Wer ist als nächstes dran?

-schaut ins Buch und winkt einen Lehensbauern heran. Die Szene geht stumm weiter-

-9-

 

 

1. Auftritt

 

 

 

Katharina Schweppermann und ihre Tochter Anna kommen aus dem Gebäude rechts.

Das Fräulein trägt einen Kranz.

 

 

 

FRAU KATHREIN

Auf den Tag genau zwei Jahr´ ist´s her, daß die Prinzessin in unsrer Kirche

ihre frühe Ruhestatt gefunden hat!

 

 

ANNA

Ob er heuer wieder nicht kommt, der Herr König?

Hätt schon mal den Weg finden können zum Grab seiner Tochter!

Unser Vater wär gewiß hergeritten, wenn ich dort drinnen läg!

 

 

FRAU KATHREIN

Ach, Kind, was weißt du schon von den Männersleuten. Was uns wert

scheint, gilt ihnen noch lang nicht so wichtig wie ihr eigen Tun und Wesen.

Als hing der Lauf der Welt allein von ihren Händeln ab!

Wenn sein König ruft, rennt auch der Schweppermann ans End der Welt,

vergißt Frau und Kind und Haus und Hof.

 

 

ANNA

Geh´ Mutter, als des Königs Feldhauptmann kann er nit wegreiten, wie

er alleinig will!

 

 

FRAU KATHREIN

Blas Du mir auch noch in dies Horn! Wirst es schon auch noch spüren, wie es

ist, auf einem Burgstall sitzen, derweil der Deinige hinter wer weiß was für

einen Herrn in der Weltgeschichte herumreitet.

 

 

ANNA

Heut seid Ihr aber ungut auf die Männersleut zu sprechen! Seid dem König

wohl bös, daß er den Vater so lange forthält von daheim!

 

 

FRAU KATHREIN

Die beiden könnt man nicht schöner zusammenspannen, den Herrn König

und seinen Feldhauptmann!

 

 

HARTUNG

Frau Mutter, Anna, ein Reiterzug kommt eben den Berg herauf - ist schon am

äußeren Tor - ich glaub´, der Vater kommt mit dem Herrn König!

 

 

FRAU KATHREIN

Bub, wenn Du mich narrst -

 

 

-10-

 

 

 

Hinter der Szene Hörnerrufe. Tochter läßt den Kranz fallen und umarmt die Mutter.

 

 

ANNA

Frau Mutter, sie sinds - das ist der Königsruf -

 

 

HERMANN (der zukünftige Abt)

Hoher Besuch, Frau Kathrein - unser Herr - er hat den Jahrtag nicht vergessen!

 

 

Die Tochter hebt den Kranz wieder auf. Die Mutter und ihre beiden Kinder schauen erwartungsvoll nach links, von wo erscheinen König Ludwig (im leichten Jagdgewand), Seyfried

 

HEROLD (zu Pferd)

Der König kommt!

 

 

KÖNIG LUDWIG

Gott Grüß euch, Frau Gevatterin! Ich bring Euch Euern Ehemann! - Mein treuer

Feldhautpmann hat längst verdient, daß er zu Haus der Ruhe pflegen darf und

Eurer Sorg genießt.

 

 

FRAU KATHREIN

Die Ansicht dank Euch Gott, Herr König! Ich fürchte nur, daß er nit lang

daheim wird bleiben!

 

 

KÖNIG LUDWIG

Da müßt Ihr mit ihm selber reden! Er wird des Diensts nie müde - und ihr wißt,

solch treue Freunde, wie er sind selten! Dich werd´ ich nicht im Wege stehen,

so er für eine Weil will Urlaub haben.

 

 

SEYFRIED

Ei, Kathrein, was sorgst Dich schon ums Morgen und ums Abschied nehmen,

da ich noch kaum gekommen bin? Laß dich nur erst begrüßen!

 

 

Er schließt sie in die Arme und wendet sich dann zur Tochter:

Und nun zu Dir mein kleiner Spatz. Schaust wie ein Apfel aus, frisch und

gesund und gleichst der Mutter, wie sie früher war!

 

 

ANNA

Lieber, lieber Vater, ich bin so froh, daß Du wieder einmal bist heimgekommen.

 

 

SEYFRIED

Schon gut mein Kind! Was ist das für ein Kranz?

 

ANNA

Der Kranz für unsres Königs totes Kind - ist doch der Jahrtag heut, da Gott

die kleine Anna hat heimgerufen. Herr König - vielleicht mögt Ihr den Kranz

ja selbst zu dem Prinzeßlein bringen.

 

 

Sie hält dem König den Kranz schüchtern hin.

 

-11-

 

 

KÖNIG LUDWIG

Du liebes Kind - ich dank Dir! Du hast recht. Mein erster Gang soll zu der

kleinen Anna Grabstatt sein!

 

zum Gefolge gewandt

Verzeiht, Ihr edlen Herrn und Frauen, gönnt der lieben Toten, daß sie den

Vorrang hat vorm Leben!

 

Schweppermann mit seiner Gattin und den Abt mit einer Geste zum Mitkommen einladend:

Entschuldigt mich für eine Weil!

 

 

Er begibt sich in die Kirche. Schweppermanns Familie (außer Anna), der Abt Siboto und Pater Hermann folgen ihm.

 

 

Trautwein tritt auf

 

 

ANNA

Trautwein, wie schaust Du denn drein? Ist Dir des Teufels Großmutter über

den Weg gelaufen?

 

 

TRAUTWEIN

Ich schau nicht finster - mit Verlaub - nur traurig mein gnädig Fräulein!

 

 

ANNA

"Mein gnädig Fräulein"! Ist das die Klosterbildung, Herr Scholar! Als ob ich nicht

immer noch die Anna wär für dich und du für mich der Trautwein - trotz deiner

schwarzen Schülerkutte -

 

 

TRAUTWEIN

Das ist vorbei! Ich bin ein Klosterschüler nun und soll ein Mönch einst werden!

 

 

ANNA

Wenn du darum traurig bist: Warum änderst du´s dann nicht?

 

 

TRAUTWEIN

Wie sollt´ ich´s ändern? Als Waise steh´ ich da - muß ich nicht froh sein um den

Unterschlupf im Kloster?

 

 

ANNA

Bist mir ein schönes Mannsbild, du! Hab mir gedacht, dich drängt dein

Herz in Gottes nächste Nähe!

 

 

TRAUTWEIN

Der Herrgott mags verzeihn - ich dient ihm lieber mit dem Schwert - im

Kampf gegen Unrecht und Gewalt - als in der Kutte da mit Federkiel

und Psalmensingen!

 

 

 

-12-

 

 

ANNA

Trautwein - was hast du dir kein Herz genommen und tust, wonach es dich

im Innern drängt! Ich könnte mir ein Leben nicht in des Klosters Abgeschie-

denheit und Stille denken!

 

 

TRAUTWEIN

Wer soll mir helfen und wem sollt ich´s sagen?

 

ANNA

Der Vater Abt, der hat ein offenes Ohr für eines jeden Not! Geh hin, zu ihm, und

beicht ihm deinen Kummer. Trautwein, noch ist es nicht zu spät.

 

 

TRAUTWEIN

Anna, ich danke dir - du machst mir Mut.

 

 

SEITZ

Sieh, der künftige Prälat!

 

 

HARTUNG

Wie geht’s im Kirchenchor und in der Schreibstub, Zierde der Klosterschule,

künftiger Herr Kanzler?

 

 

TRAUTWEIN

Ihr habt leicht spotten! Möcht wissen, wies Euch zu Mut wär, stektet Ihr in

meiner Haut und müßtet auf der Schulbank schwitzen, statt Euch im Waffen-

spiel zu üben und frei zu reiten über Feld und Flur!

 

 

SEITZ

He Trautwein - das klingt nicht sehr nach Demut und Ergebung in die

fromme Klosterzucht!

 

 

TRAUTWEIN

Ach, Seitz kann man mit Dir auch etwas mal im Ernst bereden? Ich taug´

nicht in den Dienst des Klosters - hab viel zu viel mit Euch herumgetobt -

gejagt, gefochten und - geh wie es will - ich halts im Kloster nimmer aus!

 

Kannst Du nicht Deinen Vater fragen, ob er mich nicht als Knappen nähme?

- Nichts tät ich lieber, als dem tapfren Schweppermann zu dienen.

 

 

SEITZ

Jetzt da schau her. Zeig, was Du kannst. Warum fragst Du ihn denn nicht

selber, wenn es Dir ernst ist?

 

 

TRAUTWEIN

Und wenn er spottet wegen des Gewandes, das ich trage? Das könnt´ ich

nicht ertragen. Tut mir den Freundschaftsdienst, ich bitte Euch!

 

 

 

 

-13-

 

SEITZ

Vertrau´ auf uns, Trautwein! Ich will den rechten Augenblick erspähen und

Deine Bitte vor den Vater bringen. Der Schweppermann erkennt sofort, ob

Du ein Herz fürs Kriegshandwerk hast.

 

 

OTTO

Wir reden für Dich Trautwein!

 

 

TRAUTWEIN

Ich dank´ Euch sehr und kann es kaum erwarten, in seine Dienste einzutreten.

Bleibt nur, dem Vater Abt mich zu erklären. (ab)

 

 

HARTUNG

Bleibt der Vater länger nun bei uns?

 

 

SEITZ

Glaub schon - doch frag ihn lieber nicht, warts ab! Er ist nicht guter Laune!

Er hat des Böhmen Johann Gesandten grob angeredet. Der König hat ihn

zurechtgewiesen, er braucht den Wenzel zu nötig in dem Spiel um die Krone!

 

 

OTTO

Daß Gott erbarm! Jetzt zieht sich dieser Kampf schon sechs Jahr hin! Warum

will Friedrich der Schöne sich nicht zufrieden geben? Macht unserm König

mehr denn je die Krone streitig, obwohl der Österreicher bei der Wahl ihm

unterlegen ist!

 

 

SEITZ

Meint halt, Habsburg hätt Kron und Zepter schon in Erbpacht!

 

 

OTTO

Dem ist der Kamm gar sehr geschwollen und die Kurie in Rom tut alles um

den Streit zu schüren! Sie stützt den Habsburger wo sie kann!

 

 

SEITZ

Das weiß der Johann ganz genau, als mächtigster Vasall auf unsres Herren

Seite.

 

 

OTTO

Das ist´s ja, was unserm König so viel Sorge macht! Der Böhmen und der

Polen König ist ein feurig junger Herr! Die Macht, der Glanz, die steigen ihm

vielleicht zu Kopfe! Der Vater traut ihm nicht recht!

 

 

SEITZ

Das ist das eine, aber Vater ist auch verbittert, weil König Ludwig als Herzog

Bayerns dem Böhmen die Reichsstadt Eger und die Ämter Floß und Parkstein

zu Unterpfändern zugesprochen hat. Stell Dir nur vor, die Pfandschaft wird

nicht rechtzeitig mehr ausgelöst - der Bruderkampf mit Österreich verschlingt

des Königs und des Reiches Einkunft! Dann sitzt der Böhm im Nordgau!

 

 

-14-

 

OTTO

Das möchte ihm so passen! Da könnt’s ihn leicht nach mehr gelüsten!

Am Ende möchte er den ganzen Nordgau wohl verschlingen!

 

 

HARTUNG

Dann wären wir ja böhmisch statt bayrisch! Das wird der Vater nicht ertragen.

 

 

SEITZ

Sei Gott davor! Soweit ist’s doch noch nicht! Da reden wir auch ein

Wörtchen mit!

 

 

Der König kommt mit seiner Begleitung aus der Kirche

 

 

KÖNIG LUDWIG

(zum Abt Siboto)

Ehrwürdiger Vater, gewaltger Abt von Kastl, daß Ihr in Eurem Heiligtume

meiner Tochter Anna letzte Ruhestadt und Heimat habt gewährt, verpflichtet

mich zu ewger Dankbarkeit. Zum Zeichen dessen stift ich einen Jahrtag, an dem

das Kloster der Prinzessin im Gebet gedenke. Ich sprech den Ulrich Scherub zu

Ransbach frei mit Weib und Kind! Dafür soll er alljährlich drei Schilling langer

Solidi und eine halben Schilling Regensburger Denar an den Abt zu Kastl ent-

richten. Unser Feldhauptmann, Herr Seyfried Schweppermann, seis Zeuge! Noch

vor dem Wegritt wird der Stiftungsbrief gefertigt und gesiegelt!

 

 

ABT SIBOTO

Dank, Herr König! Wir durften stets zu Kastl uns Eurer besondren Huld und

Gunst erfreuen. Hat das Kloster bisher schon sein Gebet für Euer Töchterlein

geopfert, so wird es dies noch eifriger in Zukunft tun! Damit des Hergotts

Gnade Euch stets begleite und beschütze, schließen wir unsren gütgen Schirm-

herrn in das Gebet mit ein.

 

 

KÖNIG LUDWIG

Das tut uns not, ehrwürdiger Vater Abt! Noch nie war unsrer Gegner Macht

so stark. Der Einfluß Habsburgs mehret sich von Woch zu Woch! Gott geb´s

daß es gelinge, den Luxemburger ganz für unsre Sach zu gewinnen! Wir

ziehn von hier nach Eger, uns mit Johann von Böhmen fester zu verbünden!

 

 

SCHWEPPERMANN

Da schütz Euch Gott, mein königlicher Herr! Der Luxemburger hat in

Böhmen und Polen allerlei gelernt! Kriegt nie genug! Der möcht am

liebsten unsern ganzen Nordgau an sich reißen!

 

 

KÖNIG LUDWIG

Ich weiß, Feldhauptmann, das ist Dein Kummer! Du sorgst Dich nicht zu

Unrecht; doch habe ich König Johann in Frankfurt bei der Wahl das Eger-

land verpfändet, die Ämter Floß und Parkstein! Ich muß zu dem gegebenen

Worte stehn!

 

 

 

-15-

 

SCHWEPPERMANN

Gott seis geklagt! Ich seh ein Stück ums andre in die weite Tasche Böhmens

wandern! Herr Johann verstehts zu handeln.

 

 

KÖNIG LUDWIG

Was ich versprochen, einzig als Pfand erhält er, keine Hube mehr! Ich muß

den Böhmenkönig fest an unsre Sache binden, du weißt die Not.

 

 

SCHWEPPERMANN

Leider! Ich traue dem Böhmen aber nicht!

 

 

KÖNIG LUDWIG

Kenn schon das Lied, mein wackrer Seyfried! Hast mir ja mit Deiner geraden

Offenheit den Böhmen schier vergrämt. So freundlich wie du warst zu seinen

Abgesandten! Du machst Dir´s leicht! Ich wollt´ ich könnt´ auch immer tun und

reden wie ich möcht´! In Kampf und Schlacht, bist du der rechte Mann. Doch auf

dem glatten Boden höfischer Verhandlung ist Dein schlichter gerader Sinn von

Nachteil, lieber Seyfried.

 

 

SCHWEPPERMANN

Ich versteh Euch wohl, Herr König! Kann mich nicht anders machen als ich

bin - wie unsres Nordgau herber Boden!

Der Eure bin ich mit Haut und Haar. Doch für die Fahrt nach Eger taug ich

nicht, ich weiß. Da bin ich nur im Wege. Wenn Ihr mich denn beurlaubt, Herr,

will ich derweil zu Hause nach dem Rechten schauen!

 

 

KÖNIG LUDWIG

So soll es sein! Gib mir den Otto mit auf die Fahrt, ich mag nicht reisen ohne

einen Schweppermann! Und wenn es an der Zeit ist, daß das Schwert entscheide,

werd ich Dich rufen, daß Du mir in alter Treue zur Seite stehest, wie einst bei

Gammelsdorf! Das bleibt Dir unvergessen!

 

 

SCHWEPPERMANN

 

(Der Sohn tritt herzu)

Otto! Der König will gen Böhmen ziehen! Du sollst an meiner Stelle mit ihm

reiten im Gefolge!

 

 

OTTO

(freudig)

Welch hohe Ehr! Dank Euch, Herr König! Ich werde meinem Vater keine

Schande machen und will getreulich Euch zu Diensten sein, wie er es immer

tat, so gut ich es vermag!

 

 

KÖNIG LUDWIG

Des bin ich sicher! - Wärst ja sonst kein Schweppermann!

 

 

OTTO

Herr Vater, wenn ihr mich entlaßt - ich wüßt Euch einen, der liebend gern

mein Nachfolg wär!

 

-17-

 

 

SCHWEPPERMANN

Schau da - wer wartet schon darauf?

 

OTTO

Der Trautwein Aystett, Herr Vater

 

 

Anna, Hartung, Seitz treten hinzu

 

Ja, der Trautwein

 

SCHWEPPERMANN

Das Schreiberlein? Den Singeknaben soll ich als Knappen nehmen? Hat sich

dem Kloster doch verschrieben?

 

 

OTTO

War immer unser Spielgenoß! Möcht´ lieber mit Dir reiten, als dem Kloster

dienen!

 

 

ANNA

Der kann schon mehr als singen noch und schreiben!

 

 

 

SCHWEPPERMANN

(zur Tochter)

Jetzt redet die Tochter auch schon drein in Mannsleutfragen?

Ist´s an der Mutter nicht genug?

 

 

KÖNIG LUDWIG

(zu Anna, lächelnd)

Auf so wackre Fürsprach würd´ ich hören! Man soll nicht hart verstoßen, was

das Herz anbietet!

 

 

SCHWEPPERMANN

Wenn Ihr denn meint, so will ich mit dem gnädigen Herrn Abt reden. Er mag

über seinen Schüler befinden.

 

 

ANNA

Dank, Herr König, Dank lieber Vater!

 

 

KÖNIG LUDWIG

Anna? - Mich dünkt des jungen Aystett Wohlergehen liegt dir sehr am Herzen!

 

 

ANNA

Hat Vater nicht und Mutter mehr - und möcht nicht geistlich werden! Würd´

lieber reiten!

 

 

KÖNIG LUDWIG

Ehrwürdiger Vater Abt, was sagt Ihr zu der Bitte?

 

 

-18-

 

ABT SIBOTO

Er taugt eben nicht ein jeder für des Herren Weinberg als ein Priester! Muß

auch Weltleut geben! Wenn´s ihn drängt, der junge Aystett mag in Herrn

Seyfrieds Gefolge wohl ein wackrer Ritter werden, das ist besser als ein

unberufner Mönch.

 

 

ANNA

(küßt ihm die Hand)

Oh Vater Abt, Ihr habt ein gütig Herz!

 

 

SCHWEPPERMANN

Da komme ich zu einem Knappen, ohne daß ich einen Finger rühr! Mir scheint,

die junge Brut ist besser in der Diplomatenkunst zu Haus als ich!

Alle lachen

 

 

KÖNIG LUDWIG

Diplomaten hab ich genug - Feldhauptmann nur einen.

 

 

KLOSTERBRUDER

Das Mahl ist angerichtet, ehrwürdiger Vater!

 

 

FRAU KATHREIN

Der Vater bleibt zu Hause! Endlich hab ich ihn wieder! Was kümmert

mich des Königs Reiten und ewig Streiten!

 

 

SCHWEPPERMANN

Ihr werdet nie vergebens rufen, Majestät! Der Seyfried Schweppermann, die

seinen und der ganze Nordgau wird stets auf Eurer Seite sein! Da braucht es

kein Versprechen und Verhandeln! Treu bayrisch stehn wir zu unserm Herzog,

unserm König Ludwig!

 

 

ALLE

So ist´s, wir stehn zu unserem Herzog, unserm König Ludwig.

 

 

KÖNIG LUDWIG

Die Treue lohnt euch Gott!

 

 

ABT SIBOTO

Herr König - eh Ihr reitet - im Refektorium steht die Mahlzeit schon bereit!

 

 

KÖNIG LUDWIG

Sei´s denn Ihr Herren, und ihr edlen Frauen. Laßt uns die gastlich zugedachte

Speis in Dankbarkeit genießen und frohe Mahlzeit halten.

 

 

 

 

 

 

 

-19-

 

III. AUFZUG

1322

 

1. Auftritt

 

 

 

 

SCHALKSNARR

Oh, seht´ nur Leut´ in welcher Laune

der Beurlaubte zu Hause weilt,

und wie vergnügt mit Frau und Kind

das Leben teilt...

 

Dem Schweppermann ist´s ganz schön arg,

daß er nicht neben seinem König reiten darf.

Er kommt sich alt und überflüssig vor.

Da klopft ein Fremder an das Tor.

Versteckt im Pilgerkleid, ein Bote im Geheimen,

versucht er Seyfried mit König Friedrich zu vereinen.

 

Doch Ihr werdet sehen, die Intrige wird nicht glücken.

Und schon läßt König Ludwig nach ihm schicken.

 

 

SCHWEPPERMANN

Das hab ich nun auf meiner Tage Abend. Jetzt, wo´s um die

Entscheidung geht, sitz ich wie ein Greis zu Haus, derweil die Jungen

mit dem König reiten, Deutschlands und unsres Reiches Sache zu

entscheiden!

 

 

FRAU KATHREIN

Mein alter Hitzkopf! Sei doch froh, daß Du jetzt endlich Ruhe hast!

Hast schon bei Gammelsdorf genug getan. Der König hat wohl andre

noch; die sollten auch das ihre tun! Mir ist es lieber, Du behältst daheim

die Knochen heil!

 

 

SCHWEPPERMANN

Das sagt sich leicht! Was ihr Frauen schon davon versteht! Diesmal geht´s

ums letzte Wort! Dem Sieger bleibt der Königsthron. Ihm kann die Kaiser-

krone des heiligen römischen Reiches vom Papst nicht länger mehr versagt

werden! Es muß doch mal ein Ende haben mit dem Zwiespalt und endlich

unsres Herren Recht zum Siege kommen!

 

 

FRAU KATHREIN

Und Du mußt unbedingt dabei sein? Die Unsern werden den Streit gegen

die Habsburger auch ohne Dich bestehen! Das Recht ist doch auf ihrer Seite!

 

 

 

-20-

 

SCHWEPPERMANN

Ach, was. Nur wer die Macht hat, hat das Recht: Herr Ludwig braucht den

letzten Mann. Es steht nicht allzugut um unser Heer!

 

 

FRAU KATHREIN

Jetzt gib doch Ruh! Der König hätt dich längst gerufen, wenn er Dich nötig

hätt! Muß auch zu Haus wer sein! Mir langt vollauf die Sorge um die Buben.

 

 

KLOSTERBRUDER

Verzeiht die Störung! Edler Herr, ein Pilger fordert Euch zu sprechen.

 

 

SCHWEPPERMANN

Ein Pilger?

 

 

KLOSTERBRUDER

Er gab sich nicht zu erkennen - doch scheint er mir sehr sonderbar.

 

 

SCHWEPPERMANN

So führt ihn her!

 

Der Klosterbruder eilig ab.

 

 

SCHWEPPERMANN

Ein Pilger - (steht auf) - hätt´ eher auf einen Reitersmann gewartet aus

dem Königs Lager -

Während der Pilger erscheint, geht sie ab.

 

 

FRAU KATHREIN

Ach Mann, den ganzen Tag hast du die Sorge um den König nur im Kopf.

Als ob´s nichts anderes gäbe auf der Welt.

 

 

PILGER

Ihr seid Herr Seyfried Schweppermann?

 

 

SCHWEPPERMANN

Noch immer!

 

 

PILGER

Sind wir hier unbelauscht? Ich hab geheime Botschaft zu bestellen!

 

 

SCHWEPPERMANN

Geheime Botschaft? Von wem?

 

 

PILGER

Herr Seyfried, ich trau als Bote auf mein Pilgerkleid und auf Euer

Ritterwort für frei Geleit!

 

 

SCHWPPERMANN

Soll gelten! Sprecht endlich!

 

 

-21-

 

 

 

Der Pilger schlägt den Mantel zurück und zeigt sich als Ritter.

 

 

PILGER

Kurkölnisch bin ich, des Königs Friedrich und seines Kanzlers Bote!

 

 

SCHWEPPERMANN

Kenn keinen König Friedrich! Herr Ludwig ist mein König!

Mit Habsburg hab ich nichts zu verhandeln!

 

 

PILGER

Ich weiß, Ihr steht in Herrn Ludwig des Bayern Dienst! Doch wartet ab

und laßt mich reden erst, bevor Ihr urteilt und mit das Gehör verweigert!

 

 

SCHWEPPERMANN

Macht´s kurz!

 

 

PILGER

Ihr wißt, selbst Niederbayerns Herzog, Herr Rudolf, gab seine Stimme meinem

Herrn! Sechs Jahre währt der Streit nun um die Krone! Das Reich muß drunter

leiden! Seit Wochen liegen die beiden Heere jetzt sich gegenüber. Herr Ludwig

ist im Nachteil, sein Gefolge ist kleiner als das Unsrige. Es zieht, um unsre

Übermacht noch zu erhöhen, Herzog Leopold aus Schwaben seinem Bruder

Friedrich zu!

 

 

SCHWEPPERMANN

Und unsre Hauptmacht rückt heran aus Böhmen zu König Ludwig´s Lager.

 

 

PILGER

König Ludwig hat dem Böhmenkönig das Egerland verpfändet. Der Nordgau ist

von der Böhmen Macht bedroht! Auch Österreichs Herren, König Friedrich und

Herzog Leopold erseh´n mit Sorge des Böhmen große Hausmacht. Ihr steht nicht

auf der rechten Seite mehr, Herr Seyfried! Wenn König Ludwig siegt, wär´s nur

des Böhmen Nutzen. Auf Eure Einsicht hoffend, sandte mich mein Herr - er ruft

den Nordgau auf seine Seite - Herr Friedrich weiß zu lohnen! Ihr sollt als künfti-

ger Landgraf auf dem Nordgau die Nordgauritterschaft auf König Friedrichs

Seite führen!

 

 

SCHWEPPERMANN

Herr - das ist Hochverrat, was Ihr mir ansinnt -

 

 

PILGER

Zum Wohl des Deutschen Reiches dient´s, mich dünkts, des Nordgaus Sache

gegen Böhmen! Bedenkt, die Landgrafschaft bleibt erblich Eurem Haus! Ihr

habt doch Söhne!

 

 

SCHWEPPERMANN

Hol Euch der Teufel! Mit glatten Worten sucht Ihr mich zu beschwätzen, nach

Satans Art! Ich bin des Königs Ludwigs Mann. Er wird den Nordgau an Böhmen

 

-22-

 

 

nicht verraten. Eger ist nur als Pfand gesetzt. Er hat mir´s selbst versprochen.

Wenn dieser schändlich ungerechte Streit zu Ende ist, wird König Ludwig das

Pfand aus lösen; denn Eger ist des Reiches! Niemals hat er´s als Lehen König

Ludwig zugesprochen - als Pfand alleinig -

 

 

PILGER

Das wird den Böhmenkönig wenig kümmern! Hat er´s nur erst - läßt er´s nicht

mehr aus seinen Klauen! Der Löwe Böhmens ist nicht so leicht satt! Euch ist er

auch nicht wohlgesonnen! S´ist Euer Vorteil nur, wenn Ihr Euch stellt auf Fried-

richs Seite! Was er Euch bietet, hebt Euch für alle Zeit heraus!

 

 

SCHWEPPERMANN

Ich will nichts mehr hören! Stündet Ihr nicht unterm Schutze meines Worts,

Ihr könntet Euch im Turm zu Thierstein drauf besinnen, was es heißt, den

Seyfried Schweppermann an seiner Treue zu versuchen! Laßt´s ruhig meine

Sorge sein, dem Namen Schweppermann den rechten Klang zu leihen!

Sagt Eurem Herrn - der Seyfried Schweppermann hat nur den einen Wunsch,

sein Angebot ihm mit dem Schwerte heimzuzahlen!

 

 

PILGER

Das wird Euch noch gereuen!

 

 

SCHWPPERMANN(laut rufend)

He, ist hier niemand, einen Gast zum Tore zu geleiten, der abziehen will?

 

 

KLOSTERBRUDER

Was ruft Ihr Herr?

 

 

SCHWEPPERMANN

Führt diesen Pilgrim in des Klostervogtes Stube, bis man für ihn Geleit

bestimmt, daß er den rechten Weg zur Grenze finde! Sorgt auch für Speis

und Trank, wie´s einem Pilgersmann gebührt. Doch habt ein Aug auf ihn!

 

Während der Pilger, dem Klosterbruder folgt, stürmt der junge Trautwein herein.

 

TRAUTWEIN

Herr - der Ritter Konrad Rindsmaul kommt; der Junker Hartung bracht

ihn her! Botschaft vom Herrn König!

 

 

SCHWPPERMANN

Endlich - Trautwein, kümmere dich um ihre Pferde!

 

 

TRAUTWEIN

Wie Du befielst, Herr!

 

(geht ab, Hartung kommt)

 

 

HARTUNG

Herr Vater - der Onkel Konrad ist auf Thierstein eingeritten - ich hab ihn

hergeleitet - er bringt Botschaft vom König Ludwig!

 

-23-

 

 

SCHWEPPERMANN

Endlich! Geb´s Gott, daß es die Richtige ist. Hartung, hab ein Auge auf den

Pilgrim, der in des Klostervogtes Stube weilt, und laß ihn keinen Augenblick

allein, bis er Geleit erhalten hat, zur Grenze.

 

 

HARTUNG

Schon recht, Vater

 

 

SCHWEPPRMANN

Nun, Hergott, gönne mir die Gnade, laß mir den rechten Auftrag werden,

daß ich nicht tatenlos zusehen muß, wie des Königs Sache zur Entscheidung

kommt!

 

Konrad Rindsmaul erscheint von rechts, aus der Kirche kommt gleichzeitig der Abt Hermann, hinter ihm

Frau Kathrein und Edelfrauen mit Kindern und Klosterherren.

 

 

RINDSMAUL

Gott grüß Dich, Seyfried!

 

 

SCHWEPPERMANN

Sei mir willkommen, Schwager, was bringst du mir?

 

 

RINDSMAUL

Feldhauptmann, der König ruft Dich zum Kampfe gegen Habsburgs Heer!

 

 

SCHWEPPERMANN

Die Botschaft lohn dir Gott - hab Dank, Herr Schwager!

 

 

FRAU KATHREIN

Oh Bruder! Mußt ausgerechnet Du es sein, der mir den Seyfried wieder wegholt?

 

 

RINDSMAUL

Liebe Schwester, es wär doch auch nicht recht, wenn er nichts könnte als hin-

term warmen Ofen hocken, indes die Buben draußen die Haut zu Markte tragen

für des Königs Sache!

 

 

SCHWEPPERMANN

Du weißt doch, Kathrein, wie sehr ich all die Tage auf diesen Ruf gewartet habe!

 

 

FRAU KATHREIN

Oh Ihr Männer! Ihr seid nicht glücklich, wenn Ihr nicht das Leben und die Schanze

schlagen könnt! An besten wäre, man zöge gleich mit Euch ins Feld!

 

 

RINDSMAUL

Seid gegrüßt, ehrwürdiger Vater Abt.

 

 

 

 

 

 

-24-

 

ABT

Willkommen, Herr Konrad! Des Königs Ruf an unsern Freund ehrt unsern

ganzen Nordgau! Doch wollt Ihr Euch nicht erst von Eurem Ritt erholen?

An unsrem Tisch sind König Ludwigs Boten stets willkommen! Wir wollen

alle hören, was uns Herr Konrad zu berichten weiß!

 

 

VOLK

"Das wollen wir"!

 

 

SCHWEPPERMANN

Mich aber entschuldigt, hochwürdiger Herr! Ich reit zum Thierstein! Noch heute

brech ich auf, des Königs Ruf zu folgen! Er soll mich nimmer säumig finden!

 

 

SCHWEPPERMANN

(zu Rindsmaul gewandt)

Wenn Du der Gastlichkeit genug getan hast, Schwager, kommst Du nach - ein

wenig noch zu ruhn bei uns, eh wir verreiten! Dann magst Du unterwegs mir

Aufschluß geben, wie alles steht! Ich bitt Euch,

 

(wieder zum Abt)

spendet Euren Segen, ehwürdiger Vater, auf den Weg, daß Gott mich leite!

Und Glück mit unseren Waffen sei!

 

 

ABT

Nun zieht mit Gott und unsren frommen Wünschen! Grüßt mir den König

und alle, die getreu zu seiner Sache stehn!

 

 

SCHWEPPERMANN

Dank Euch, ehrwürdiger Vater Abt!

 

 

TRAUTWEIN

Der Pilgrim ist abgezogen, Herr! Der Junker Hartung brachte ihm zum Tor.

Zwei riesige Knechte geben ihm Geleit!

 

 

SCHWEPPERMANN

Gut! Jetzt kannst Du zeigen, junger Aystett, was an Dir ist!

Du kannst mit mir zu Feld!

 

 

TRAUTWEIN

Dank Herr! Wie könnt ich bessern Auftrag finden!

 

 

SCHWEPPERMANN

Leb wohl Kathrein. Du weißt, daß ich sofort zu meinem König muß!

Meine Tochter, leb wohl!

 

 

ANNA

Kehrt wohlbehalten und siegreich zurück, lieber Vater - und eine Bitte

versagt mir jetzt nicht: Laßt mich kurz von Trautwein Abschied nehmen!

 

Schweppermann und seine Tochter gehen ab.

 

 

 

-25-

 

ALLE

Glück auf den Weg, Herr Feldhauptmann Seyfried Schweppermann!

 

 

TRAUTWEIN

Jetzt endlich ist es soweit. Ich bin berufen in den Heerbann des Königs.

 

 

ANNA

Ach, Trautwein. Ich weiß, wie sehr Du Dir das gewünscht hast.

 

 

TRAUTWEIN

Bitte, Anna. Sei nicht traurig. Wir werden uns bald wiedersehen.

 

 

ANNA

Wirst Du mich auch nicht vergessen?

 

 

TRAUTWEIN

Jeden freien Augenblick werde ich an Dich denken, an Deine lieben

Worte von neulich, an Dein Haar, Dein Gesicht, Deine Augen...

 

 

ANNA

Hier nimm!

gibt ihm ein Tüchlein

Trag´s immer bei Dir, es soll helfen, daß ich wohlbehalten Dich

zurückbekomme.

 

 

TRAUTWEIN

Da habe ich so lange warten müssen, bis ich in Deinen Augen ein kleines

Zeichen Deiner Zuneigung entdecken konnte und schon heißt es Abschied

nehmen.

 

 

ANNA

Hast Du nicht am Abend noch ein Weilchen Zeit? Ich würd´ im Kloster-

garten auf Dich warten.

 

 

TRAUTWEIN

Wenn Harnisch, Rock und Schwert und Schild geprüft, so will ich´s

gern versuchen. -Ach, liebste Anna!-

 

 

FRAU KATHREIN

Anna, Trautwein! Es wird Zeit.

 

 

 

 

 

 

 

 

-28-

 

 

ANNA

 

Ja, Mutter, ich komm´. Liebster, auf bald!

 

Trautwein ab, Anna zur Mutter

 

 

ANNA

Erinnerst Dich, wie Du mir sagtest, Du wirst es auch noch spüren, wie es

ist, wenn der Deinige hinter seinem Herren in die Weltgeschichte hinaus-

reitet? Mir ist so schwer ums Herz.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

-29-

 

 

 

IV. AUFZUG

1322

 

1. Szene

 

 

 

SCHALKSNARR

Ei, ei was für ein Schelmenspiel -

ein Reich - zwei Könige - zu wenig wie zu viel!

Die Welt- der Papst in Rom mengen sich ein.

Wer da wohl soll der Sieger sein?

 

Er läuft ab

Zwietracht und Not treten auf.

 

 

ZWIETRACHT

Rechts und links - Freund und Feind -

oben - unten - nie vereint -

so ist’s recht - kalt und heiß

streitet Euch nur um den Preis!

Niemals Frieden - Zank und Geifer

schür ich, Zwietracht, voller Eifer!

Flamm und brause, Feuerlein -

alle Welt verbrenn ich drein!

 

 

NOT

(alte Frau in Lumpen)

 

Du lachst und freust Dich, böse Metze,

ins Elend treibst Du uns mit Deiner Hetze!

 

 

Zwietracht Not und Tod gehen ab.

 

Die Menschen schlagen sich den Schädel ein;

Brandnöte flammen auf mit grellem Schein,

drin sinkt zu Asche Haus und Hab.

Der Hunger zwingt das Volk ins Grab!

 

 

ZWIETRACHT

Was kümmert mich der Menschen Leid -

ich freu mich baß an ihrem Streit -

sie raufen sich um Land und Kron

und haschen gierig Gunst und Lohn,

davon die Welt brennt lichterloh,

doch Glück und Fried sind anderswo!

 

Der Tod kommt langsam aus dem Hintergrund

 

-30-

 

NOT

(kreischend)

Da, schau, schon kommt der Knochenmann -

führt Deinen Reigen lachend an -

macht Halt vor Vater nicht und Sohn -

der ist des Raufens letzter Lohn!

 

 

TOD

Was habt Ihr für Gekreisch und Streit!?

Wo ich erschein, erlischt die Zeit!

 

Auf - hier ist nicht der rechte Ort,

gen Mühldorf geht s - packt Euch fort

 

 

(Zwietracht und Not entfernen sich)

 

Dem Sieger winken dort als Lohn

des Reiches Zepter, Schwert und Kron!

Drum hebt ein grimmig Tanzen an,

daran ich Lust und Nutzen han!

Die Ernte steht mir schon bereit!

Der Schnitter kommt zur rechten Zeit!

 

 

 

2. Szene

 

 

 

Frau Kathrein mit ihrer Tochter

 

ANNA

Was meinst Du, Mutter, wird es wohl heute zur Schlacht kommen?

 

 

FRAU KATHREIN

Woher soll ich das wissen, Kind? Die Sorge schnürt mir das Herz schier ab.

Nicht nur der Vater, jetzt stehn auch alle Söhne mit im Feld. Ging es nach mir,

gäb´s keine Kronen! Dann gäb´s auch keinen Kampf darum.

 

 

ANNA

Dann stritten sich die Menschen um was andres wohl.

 

 

Auftritt Abt Hermann mit Begleiter

 

 

FRAU KATHREIN

Ehrwürdiger Vater Abt - sagt - erreichte Euch schon eine Botschaft?

Wißt Ihr vielleicht---

 

 

ABT HERMANN

Nein, edle Frau, nicht mehr als Ihr!

 

-31-

 

 

FRAU KATHREIN

Das Warten frißt mich auf. Die ganze Nacht hab´ ich kein Auge zugetan,

hab´ abwechselnd mich geängstigt, dann wieder voll Vertrauen gebetet.

Zwischen Sorg und Hoffnung reißt´s mich hin und her. Darf ich Euch etwas

fragen, ehrwürdiger Vater? Ein Einfall ist mir nämlich dabei in den Sinn

geschossen. Möcht´ wissen, was Ihr davon haltet.

 

ABT HERMANN

Fragt voll Vertrauen immer zu!

 

 

FRAU KATHREIN

Hab´ mir gedacht, es könnten alle Edelfrauen aus dem Nordgau einen Teil

von ihrem Schmuck aufwenden und davon eine große Glocke gießen lassen

für Kastls Turm, damit sie weithin läute zum Danke für Gottes Gnade, wenn

die den Sieg uns schenkt--

 

 

ABT HERMANN

- und wenn der Herr - was seine Gnade uns ersparen möge - den Sieg versagt?

 

 

FRAU KATHREIN

Dann soll die Glocke zum Gedächtnis aller Nordgaustreiter übers Land

hinrufen, für die, die ihrem Herzog, ihrem König treu Blut und Leben

opferten, erklingen.

 

 

ANNA

Wenn sie nicht siegen, werden wenige nur wiederkehren.

 

 

FRAU KATHREIN

Daran dürfen wir jetzt nicht denken, Anna

 

 

ABT HERMANN

Quält Euch nicht, Frau Kathrein. Ein Land, das solche Frauen hat wie

Euch, mit dem wird Gottes Hilfe sein.

 

 

Man hört von Ferne Rufe und Geschrei. Otto Schweppermann tritt auf.

 

OTTO

Der Sieg ist unser! - Unser ist der Sieg! Mutter, liebe Mutter! Anna!

Der Vater, die Brüder, alle sind wohlauf.

 

 

FRAU KATHREIN

Gott im Himmel sei Dank, daß wir uns alle wiedersehen - ich bin so

froh und auch so stolz auch Euch!

 

 

OTTO

Auch für Dich habe ich gute Nachricht, liebste Schwester!

 

 

ANNA

Sag´ schnell: Wo ist er, wann kommt er, ist Trautwein ganz gesund?

 

 

-32-

 

OTTO

Der ist ganz munter, Schwesterlein! Hat eine Schramme nur am Arm,

da ihm der Schild zerhauen ward - nichts von Bedeutung -

Hartung, er und ich sind gleich auf dem Schlachtfeld noch von unserm

König zu Rittern geschlagen worden.

 

 

ANNA

Oh, Mutter, hört die gute Nachricht!

 

 

OTTO

Ehrwürdiger Vater, Friedrich von Österreich, er ist gefangen.

 

 

ABT HERMANN

Friedrich gefangen? Das ist ein großer Tag. Und was ist mit König Ludwig?

 

 

OTTO

Der ist wohlauf! Vater hat die Schlacht geleitet. Der Burggraf von Nürnberg, der

Hohenzoller, gab den letzten Ausschlag. Als die Entscheidung fallen mußte,

brach er nach Abred aus dem Hinterhalt. Die Österreicher hielten ihn für Herzog

Leopold mit seinen Scharen - und wurden völlig überrannt. Außer Herrn Friedrich

sind der Marschall von Pilichdorf mit dem Banner und viele hundert edle Herren

in unsre Hand gefallen!

 

 

ABT HERMANN

Und wer überwand Herrn Friedrich?

 

 

OTTO

Der Onkel Konrad Rindsmaul!

Er hat Herrn Friedrich dem König als Gefangenen vorgeführt. Und der hat

ihn ganz freundlich angeredet: "Ich sah Euch nie so gern, Herr Vetter!",

sprach König Ludwig. Darauf sagt Friedrich: "Und ich Euch nie so ungern!"

 

 

FRAU KATHREIN

Das glaube ich sofort!

 

 

OTTO

Als nach dem Streit dann alles müd´ und hungrig war, gab´s weit und breit

nichts Eßbares - nur Eier! Man ließ sie in einem großen Kessel sieden und

König Ludwig teilte selbst sie aus. Es reichte nur für jeden zu einem einzig

Stück! Der König aber gab dem Vater zweie und sagte so laut, daß alle

hören mußten: "Jedermann ein Ei - dem frommen Schweppermann zwei!"

 

 

VOLK

Jedermann ein Ei - dem frommen Schweppermann zwei!

 

 

ABT HERMANN

Gütiger Gott, wir danken Dir für unsre Rettung und daß Du den bösen Streit

hast enden lassen.

 

-33-

 

 

FRAU KATHREIN

Nun sollt Ihr Eure Glocke haben, Ehrwürdiger Vater!. Ich will nicht ruhn und

rasten, bis sie im Turme hängt und unsern Dank verkündet.

 

 

ABT HERMANN

Gott wird sich freuen an solchem Dank! Nun, laßt die Glocke läuten, daß sie

den Sieg weit in die Lande tragen.

 

 

HEROLD

(vom Dachfenster)

Hört, Kastler, hört! König Ludwig und Seyfried Schweppermann sind auf

dem Weg zur Burg!

 

 

 

 

 

 

 

V.AUFZUG

 

 

Klosterbrüder tragen einige Sessel und Bänke herzu und stellen sie auf.

 

 

1. KLOSTERBRUDER (Pater Johannes)

Flugs, liebe Brüder, regt die Hände.

Der Gottesdienst ist bald zu Ende.

Daß Bank und Sitzplatz richtig steht.

Der Sessel ist für König Ludwigs Majestät!

Für unser Vater Abt der nebendran -

und der für unsern Herrn Schweppermann!

 

 

 

2. KLOSTERBRUDER (Frater Severin)

Der hat´s gut, der sieht die halbe Welt, indessen wir hier

kaum über unsres Klostergartens Mauer schauen!

 

 

3. KLOSTERBRUDER (Frater Corbinian)

Es ist doch wahr, daß nun Herr Ludwig rüstet,

nach Rom zu ziehen, um sich die Kaiserkron zu holen?

 

 

1. KLOSTERBRUDER

Ich bin des Königs Kanzler nicht - doch hab´ ich auch davon gehört!

Er hat Herrn Friedrich von Österreich aus der Haft zu Trausnitz heimgesandt.

Sie haben sich versöhnt. Der König Ludwig hat die alte Jugendfreundschaft

nicht vergessen!

 

 

2. KLOSTERBRUDER

Das hätt ich nicht zuweg gebracht nach all dem Zorn und Streit!

 

 

3. KLOSTERBRUDER

Ich hätt ihn ihm Verließ noch weiter büßen lassen!

 

 

-34-

 

1. KLOSTERBRUDER

Der König Ludwig ist eben ein weiser Mann, der hegt nicht kleinlich

Rachgedanken. Und wenn man, so wie ihr, von diesen Dingen nichts versteht,

sollt man darüber nicht so haltlos schwatzen. Nun auf die Seiten, sie kommen!

 

 

ABT HERMANN

(Aus der Kirche König Ludwig, Familie Schweppermann, Abt und Gefolge, Kastler Bürger)

Ich heiß Euch noch einmal willkommen, Königliche Majestät,

und wünsch Euch Glück zum Siege über Euren Widerpart!

 

KÖNIG LUDWIG

Ich dank Euch, Ehrwürdiger Vater, und freue mich mit Euch, daß

ich in Kastl´s Mauern weilen kann! Ihr habt mit Eurer Mannschaft Zuzug

wacker mit im Kampf geholfen! Aus Eurer Landschaft hab´ ich meinen

tapfren Feldhauptmann. Nehmt meinen königlichen Dank.

Nochmals sei Euch und Eurem Stift das Marktrecht hier zu Kastl selbst verliehen,

wie ich´s zu Velburg am 6. Jänner, zu Dreikönig, euch versprochen. Mit dem

gleichen Recht und gleicher Freiheit, wie´s gilt zu Amberg, meiner lieben Stadt!

Nehmt hier den Stiftungsbrief, der Euch alle Zeit das Markrecht sichert.

 

 

ABT HERMANN

Dank, Majestät, für Eure Huld! Für alle Zeit bleibt König Ludwigs Name

unvergessen. Solange Kastl steht, wird man hier sein gedenken!

 

 

ALLE

Hoch lebe unser König Ludwig!

 

 

ABT HERMANN

Verehrte Majestät, darf ich nunmehr um Eure Aufmerksamkeit euch bitten.

Unsres neuen Marktes Kinder haben dem König und dem Seyfried Schwepper-

mann zu Ehren ein kleines Spiel erdacht. Wie sie das End´ der Schlacht sich

vorgestellt, als siegreich Ihr, dich ohne Speis und Trank im Felde lagt.

Seht her, da sind sie schon!

 

 

KNABENHAUPTMANN

Die Schlacht ist nun gewonnen,

der Feinde Trutz zerronnen!

Die Krone schmücket unsres Königs Haupt,

kein Feind mehr da, der sie ihm raubt!

Der Bayer Herzog und der Deutschen Köng lebe hoch!

 

 

ALLE

Hoch, hoch, hoch, König Ludwig!

 

 

KNABENHAUPTMANN

Wir wünschen, daß zu Rom, wie ihm gebührt,

die Kaiserkrone bald ihn ziert;

sein Schutz gewährt dem Bürger Sicherheit und Ruh´

 

-35-

 

ganz Deutschlands Herze schlägt ihm zu!

Hoch lebe Kaiser Ludwig, hoch!

 

 

ALLE

Hoch, hoch, hoch, Kaiser Ludwig, hoch!

 

 

DER KLEINSTE

Ei, Hauptmann, Du hast gut gesprochen.

Die Schlacht ist aus, was gibt´s zum Kochen?

Viel Arbeit gab´s für Schwert und Speer,

jetzt knurrt und murrt der Magen leer!

 

 

KNABENHAUPTMANN

O je - was fang´ ich mit Euch an?

Fürwahr, Ihr habt das Eure brav getan!

wo nehm´ ich Brot und Schinken her,

ist alles ratzekahl und leer!

 

 

Hahn mit Hühnerschar treten gackernd und flügelschlagend auf.

 

 

KÖNIG LUDWIG

Das könnte meine Anna sein!

 

 

KNABENHAUPTMANN

Abgetreten! Achtung - marsch!

Die Knaben und die Hühnerschar treten ab.

 

 

KÖNIG LUDWIG

Freund Seyfried, wackrer Feldhauptmann, tritt zu mir her!

Ich dank zugleich in Deinem Namen für das muntre Spiel!

Wir sind Dir, wackrer Seyfried Schweppermann, des Nordgau Helden,

neuen Dank zu Deinem alten Ruhme schuldig. so nimm denn aus unsrer

Hand zu Deinem bisherigen Besitz die Herrschaft Deinschwang zum

Zeichen unsres königlichen Dankes als erblich Lehen Dir und Deinem

Hause! Mögt Ihr Euch der neu belehrten Güter freuen.

 

 

SCHWEPPERMANN

Herr König - Dank Euer Gnade - doch - Ihr wißt - nicht um des Lohnes

Willen hab ich es getan!

 

 

KÖNIG LUDWIG

Ich weiß, mein Seyfried - weiß, daß man die Treue nicht mit irdischen Gütern

lohnen kann! Zum zweiten Mal hast Du durch eine Schlacht dem ganzen Land

und mir zum Sieg verholfen, der gerechten Sache - nun freue dich der Heimat,

die Du durch Deine Taten Dir immer wieder neu gewonnen hast!

 

 

ALLE

Hoch lebe Seyfried Schweppermann!

 

 

-36-

 

KÖNIG LUDWIG

Und nun verstattet mir, daß ich ein wenig Schicksal spiele - ein frohes diesmal,

wie ich hoffen darf! Gott hat euch viel gelohnt in Euren Kindern und sie und

Euch behütet. Ich verhehl es nicht, daß eins von ihnen besonders mir ans Herz

gewachsen: vielleicht seh´ ich das Bildnis meines toten Töchterleins in Eurer

Anna -

Ich werb im Namen des ehr- und tugendsam gebornen Ritters Trautwein von

Aystett um Eure Tochter und bitt´ zugleich die Ehr´ mir aus, die Hochzeit

auszurichten samt den Brautgut!

 

 

SCHWEPPERMANN

Heiliges Gewitter, - oh verzeiht, mein König! - ich mein, den Hofton lern ich

meiner Lebtag nit.

 

 

KÖNIG LUDWIG

Mein Feldhauptmann hat seine eigne Freiheit.

 

 

SCHWEPPERMANN

Mutter, was sagst Du dazu? so red´ doch endlich auch ein Wort!

Bist sonst ja nicht verlegen.

 

 

FRAU KATHREIN

Was sollten wir für solchen Werber andre Antwort haben als freudig:

Ja und frohen Dank! Schau nur die Kinder an - der königliche Fürsprech

hat besser in ihr Herz geschaut, als der eigene Vater, der nur Schlacht

und Krieg im Schädel hat!

 

 

SCHWEPPERMANN

Anna, Trautwein, Ihr Heimlichtuer, kommt einmal her!

Ich wünsch Euch Glück und Segen und mir recht viele Enkel.

 

 

DAS BRAUTPAAR

(kniet vor dem König nieder)

Dank, Majestät!

 

 

KÖNIG LUDWIG

Auch wünsch ich Glück und Segen, bis ans ende Eurer Tage.

 

Und Du, Trautwein, bleibe immer ein wackrer Gefolgsmann meinem

Feldhauptmann!

 

 

TRAUTWEIN

Mein König, das versprech ich Euch von ganzem Herzen.

 

 

KÖNIG LUDWIG

Frau Kathrein - nehmt nun Euern Eheherrn zurück - ich habe ihn

lange genug von zu Hause ferngehalten! Er mag den Nordgau mir behüten -

indes ich weiterzieh!

Ich wollt, ich könnt in Frieden mich, wie er nun darf, der Heimat freuen und

der Erinnerung leben! Jedoch - des Königs Amt kennt keine Ruh´. Ich muß

 

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nach Rom hinziehen um des Reiches willen - nachdem dem die Heimat fand!

Der unterlegne Gegner, mein alter Jugendfreund Friedrich von Österreich, hat

seinen Groll begraben und allem Ehrgeiz abgeschworn. Ich hab mich ausge-

söhnt mit ihm. Die Freiheit ihm geschenkt und ihn so neugewonnen!

 

 

Jubel und Freude bei allen.

 

König Friedrich wird an meiner Seite nun der deutschen Dinge warten

und mir den Rücken decken. Ich zieh nach Rom hinab, wie´s meine

Sendung will und wie es meine Pflicht ist!

 

 

FRAU KATHREIN

Herr König - erlaubet, daß eine Frau Euch aus ganzem Herzen dankt!

Ich habe - ich gesteh es offen - Euch verkannt. Ich hab geglaubt, Ihr

jagtet nur dem Ruhme nach, der Ehre hinterher nach Männerart. Längst hab

ich eingesehn, daß Euer Leben selbstlos und darum ruhelos dem ganzen

Lande dient. Nehmt unsrer Herzen heißes Wünschen mit auf Euren Weg.

Damit der Heimat Stimme Euch begleite und ihr Abschiedsgruß Euch stets

stärke in dem fernen Land, soll heut zum ersten Mal die große Glocke Kastl´s

feierlich erklingen. Gestiftet von des Nordgaus Edelfrauen zum Dank für Gottes

Gnade, die, Herr König euch und meinem Seyfried Schweppermann mit allem

Heere den Sieg bescherte! Glück auf für die Romfahrt, König Ludwig, des

Bayernlandes Zier und Stolz, rufe euch der Glocke Klang auf Eurem Wege

hinterher! Glück und frohe Wiederkehr, Herr König Ludwig!

 

 

ALLE FRAUEN

Glück und frohe Wiederkehr, Herr König Ludwig!

 

 

ABT

Nun danket alle Gott!

 

 

KÖNIG LUDWIG

Gebt Euren Segen, ehrwürdiger Abt!

 

 

Nach dem Segen erheben sich alle und blicken zum Turm empor. Die große Glocke aus dem Jahre 1323, die Kaiserglocke, beginnt zu läuten. Die übrigen Glocken fallen ein. Der Kaiser geht langsam ab, ganz Kastl gibt ihm das Geleit.

 

 

ALLE

Glück auf dem Weg König Ludwig und frohe Wiederkehr!