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Der Ungarische Schulverein will eine andere Schule


Kreisrat und 3. Bürgermeister                                                     21.12.2002
Heinz Lang

zur aktuellen Entwicklung auf der Klosterburg
offener Brief an die Eltern der Schule
Verständnishilfe für Interessierte

offener Brief an die Eltern des Europäisch Ungarischen Gymnasiums

Heinz Lang
Kreisrat u. 3. Bürgermeister

 

Liebe Eltern,

Sie erhielten ein Schreiben der Geschäftsführerin Roza Fülemen vom Europäisch Ungarischen Gymnasiums in Kastl. Darin wird in romantisierenden Worten der Wunsch nach einer Schule beschrieben, die nach Auffassung des Bayerischen Kultusministeriums, des bundesdeutschen Kulturministeriums, des ungarischen Generalkonsuls in Bayern, des Landkreises Amberg-Sulzbach, der Diözese Eichstätt und der Marktgemeinde Kastl keine Zukunft mehr haben kann.

Die genannten Institutionen vertreten vielmehr die Auffassung, dass das ehemalige Exilgymnasium nur dann eine Chance haben kann, wenn es sich als kultureller Brückenkopf Ungarns völkerverständigend und vorbereitend auf die gemeinsame europäische Zukunft präsentiert und deshalb im alltäglichen Erfahrungsbereich der Schüler, neben der christlichen Werterziehung sowohl ungarisches als auch deutsches und westeuropäisches Kulturgut erleben lässt.

Nach den Vorstellungen dieser Institutionen spricht eine gute Absolventin oder ein guter Absolvent der Schule am Ende hervorragend Ungarisch, hervorragend Deutsch, dazu noch Englisch und hat vielleicht noch Französisch oder Latein gelernt. Darüber hinaus kennen die Schüler nach dem Besuch der Schule sowohl die Ungarische, als auch die Deutsche Geschichte, kennen ungarische und deutsche Nationalfeiertage und ihre Hintergründe.

Für diese hier beschriebene Ausprägung der Erziehung sind das Bayerische Kultusministerium, der Landkreis Amberg-Sulzbach, die Diözese Eichstätt, der Markt Kastl und der Ungarische Staat auch mit finanziellen Mitteln eingestiegen. Eine Rückführung der Schule zur Exilmentalität liegt nicht im Interesse der genannten Behörden und Unterstützer der Schule. Dafür wurden auch nicht die Mittel und Stipendien bereitgestellt. Ganz im Gegenteil: Das deutsche Kulturministerium hat die Zahlung seiner Fördergelder eingestellt, weil es nach der Öffnung Ungarns keine Notwendigkeit für ein Exilgymnasium mehr anerkennt.

Der konkrete Anlass für das Schreiben von Frau Roza Fülemen waren die Wahlen zum Elternbeirat, die vor wenigen Wochen durch die Schulleitung organisiert und nach dem Brauch der vergangenen Jahrzehnte durchgeführt worden sind. Das Verhältnis von drei ungarischsprachigen und zwei deutschsprachigen Eltern im gewählten Elternbeirat erscheint uns gerecht und ist das Ergebnis freier Wahlen. Wir bitten Sie herzlich, ein Vorgehen dagegen nicht zu unterstützen und die Elternbeiratswahlen zu akzeptieren.

In einem zweiten Teil des Schreibens von Frau Fülemen wird die Auffassung dargelegt, die Schulleitung und die Geschäftsführung müsste eine Person sein, die ausschließlich den Vorstellungen des Ungarischen Schulvereins (USV) entspricht. Dieser Verein wollte 1997 die Schule schließen. Nur durch das entschiedene Eintreten örtlich ansässiger Eltern und Politiker und durch die Untersützung des Bayerischen Kultusministeriums, des Landkreises, der Diözese und des Marktes Kastl konnte die Schule mit einem neuen Profil gerettet werden. Bitte haben Sie Vertrauen zu den Vertretern dieser Institutionen, dass sie für die Geschäftsführung und die Schulleitung stets geeignete Personen suchen werden.

Heinz Lang

Verständnishilfe
für Interessierte
 

Betrifft: Schreiben des USV-Vorstands und der Mitglieder Bertok und Dr. Kirchsteuer

Verständnishilfe für Interessierte

Das Schreiben des Vorstandes und einiger Mitglieder des USV an die Eltern des EUG irritiert und befremdet. Die aktuelle Funktion besteht wohl darin, den erst kürzlich - gewissenhaft demokratisch - neugewählten Elternbeirat in Frage zu stellen. Da man am Ende auch noch „Kandidaten" suchte, scheint der Gedanke einer Anfechtung der Wahl nicht fern zu liegen. Gibt es dann wieder einen Prozess ?

Zudem fatal ist, dass das Schreiben Aussagen über das Profil der Schule enthält, die die Reformdiskussionen seit 1997 komplett ignorieren, - ebenso die Ursachen, die 1997 zur Krise geführt und die Schule an der Rand des Zusammenbruchs gebracht hatten.
Von Kreisrat Heinz Lang wurde im Januar 98 - nach Aufforderung durch den Ostexperten, MdB a.D. Hermann Fellner - für den damaligen Innenstaatssekretär Zeitlmann ein Konzept zu einem  neuen Schulprofil erarbeitet.

Es wurde schon oft gesagt, muss aber trotzdem wiederholt werden: Ungarische wie deutsche Stellen signalisierten 97 bis 99 überdeutlich: Kein öffentliches Interesse mehr an einer Exilschule, die auf Grund der Demokratisierung Ungarns ihre Existenzberechtigung verloren hatte.

Schon 1998 erwartete man von Seiten des ungarischen Staats als Voraussetzung für eine Unterstützung: „Einen modernen Status; eine moderne Schulkommission und Kuratorium bei einer voll berechtigen Teilnahme von Personen aus Ungarn; unter Beachtung der Erwartungen seitens des Bonner Außenministeriums (heute: Bayerisches KM, d.Verf.) Betonung des zweisprachigen Schultyps, europäische Kenntnisse; ......"(Prot. USV-Sitzung, 16.6. 98)

Die außerordentlichen Bemühungen in der Öffentlichkeit um die Schule - von der hiesigen Elternschaft initiiert und getragen - konnten nur deshalb erfolgreich sein, weil der Schwerpunkt der Außendarstellung der Schule eben nicht auf die Tradition der Schule gelegt wurde - wie jetzt im USV-Papier - denn dies wäre chancenlos gewesen; sondern es waren die europäischen Chancen und Perspektiven als Brücke im künftig vereinten Europa, die die bereits resignierten Politiker überzeugten und neu motivierten.

Folgerichtig wurde im Programm des damaligen Direktors Kurin   diese neue Funktion mit dem Begriff Begegnungsschule in ein ihr gemäßes Konzept überführt (von dem wesentliche Elemente, wie z.B. die zweifache Muttersprachlichkeit, noch nicht im Ansatz realisiert sind).

Das Schreiben des USV ignoriert demgegenüber die veränderten Existenzbedingungen, die materielle Grundlage und das politisch-kulturelle Umfeld, in dem die Schule gedeihen könnte und eine wirkliche Chance hätte.

Es wird nicht eine Europäische Begegnungsschule (zwischen Ungarn und Deutschen) angestrebt, sondern - rückwartsgewandt - eine ungarische Schule ehemaliger Exilanten in Westeuropa, vor allem als „Begegnungsstätte" zwischen Diaspora-Ungarn in aller Welt und in Ungarn lebenden Landsleuten. Die willkommenen „süddeutschen" Freunde der ungarischen Kultur sind stark alibi-verdächtig und für den europäischen Anstrich gut. Ein solche Vorstellung mag gut in das Konzept des „Weltbunds der Ungarn" passen, würde aber den Anspruch auf öffentliche Förderung und Unterstützung von deutscher und ungarischer Seite auf Grund mangelnden öffentlichen Interesses aufs Spiel setzen.

MP Orban hat in einem Interview sehr deutlich gemacht, dass ungarische Diasporaschulen im Westen nicht mit Unterstützung aus Ungarn rechnen können. Von deutscher und bayerischer Seite liegen dieselben deutlichen Stellungnahmen vor.

Halten wir fest, dass eben solches Konzept 1997 endgültig gescheitert war.

Die seit Sommer 2000 gemeinsame ungarisch-deutsche (50/50%) Trägerschaft hat den Zusammenbruch der Schule verhindert. Sie wurde zur materiellen Voraussetzung und zur glaubwürdigen Basis für die Entwicklung hin zur europäischen Begegnungsschule.

Das Engagement der neuen Führungsspitze im USV hat anfangs durch große Tatkraft überzeugt. Nun aber müssen wir feststellen:

Der USV erhebt mit seinen Anforderungen an die Personen des Geschäftsführers und des Direktors ein Führungsmonopol über die Schule, das u.E. weder für die anderen Gesellschafter noch für - sicher nicht nur deutsche - Eltern akzeptabel ist.

Immerhin kann man sich jetzt denken, warum die Person der Schulleiterin von Anfang an unter - man muss sagen - infamen Beschuss stand. Das Abschießen von Personen hat an dieser Schule eine Tradition, die nicht zu den rühmlichen gehört. Es stand nach der Gesellschafterversammlung in Ingolstadt vom Juli 2000 zu befürchten und scheint sich nun zu bestätigen, dass das Rad zurückgedreht werden soll. Wir erwarten , dass solche Machenschaften zukünftig aus dem Repertoire dieser modernen, christlichen Schule verschwinden. Sie Schaden dem Ruf der Schule, die Kinder erfahren immer davon. In ihrem Empfinden wird die Autorität von Personen beschädigt, die ihre Vorbilder sein sollen.

Entscheidend sind Transparenz und das Einhalten von demokratischen Spielregeln. Der Respekt vor der Entscheidung der Eltern bei der Elternbeiratswahl ist ein erster Prüfstein dafür.

Vom USV erwarten wir, dass er seine irritierenden Vorstellungen bezüglich des Schulprofils präzisiert. Eltern müssen für ihre Schulentscheidung Klarheit darüber haben, was die Schule ihren Kindern bieten will. Mitträger und Förderer haben einen Anspruch zu wissen, ob sie eine modifizierte Exilschule oder eine ungarisch-deutsche Begegnungsschule unterstützen.


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