Heinz Lang, Kastler Illustrierte  - Anfang Ausgabe Dez 2001- 2  Navigation zur homepage von Heinz Lang, Kastl - header

Der Ungarische Schulverein will eine andere Schule
offener Brief eines Schülervaters an die Geschäftsführerin,
die zugleich Vorsitzende des USV ist,
und an die Eltern.

 

Helmut Wiesner
Georg-Reiser-Str. 34
92280 Kastl

Betreff:  Offener Brief  zu „Die Formierung der Elternvertretung im EUG“

 

Liebe Frau Fülemen,

beim Lesen Ihres Briefes wäre ich fast vom Stuhl gefallen. Sie sprechen darin von einer Schule, von der ich glaubte, dass diese Form seit mindestens 10 Jahren zu den Akten gehört. Die Welt heute ist zum Glück eine andere als die bei der Gründung der Schule. Damals hatte die Schule ihre Berechtigung, heute auch, aber anders. Was Sie anscheinend möchten (sagen Sie mir, falls ich mich irre), ist die Zeit zurückzudrehen und die Verhältnisse wieder etablieren, die schon lange der Vergangenheit angehören sollten. Ich habe mir gewünscht, dass das EUG den Wandel der Zeit erkennt und rechtzeitig mitmacht, damit es diesen Namen auch zu Recht verdient.

Ich bin im Jahr 1958 in Kastl geboren, mit dieser Schule aufgewachsen und mit  vielen Schülern und Lehrern befreundet. Auch mein Sohn besucht jetzt das EUG, nicht zuletzt deswegen, weil wir glaubten, dass dort nicht nur der ungarische, sondern auch der europäische Gedanke gelebt würde. Erste Ansätze waren auch erfolgversprechend, doch zur Zeit schaut es eher wieder düster aus. Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, ich möchte keinesfalls die ungarische Kultur an der Schule beschneiden. Ich möchte vielmehr den europäischen Gedanken beleben. Aus meiner Sicht ist es unerheblich, ob der Geschäftsführer, bzw. Schulleiter aus Ungarn oder woanders her kommt, die Schule heißt: Europäisch-Ungarisches-Gymnasium. Wichtig ist, dass diese Personen ihr Geschäft verstehen.

Weiterhin verstehe ich nicht, warum Sie sich als Geschäftsführerin in die Wahl des Elternbeirats einschalten.  Sie dürfen und müssen natürlich die Interessen des ungarischen Schulvereins und der dahinterstehenden gesellschaftlichen Gruppen vertreten, aber doch nicht nur diese. Sie sollten als Geschäftführerin auch die Interessen der anderen Gruppen, die diese Einrichtung mitfinanzieren, beachten und einen Konsens herbeiführen. Eine Schule, wie Sie eine beschreiben, wäre vermutlich in Ungarn besser aufgehoben und hätte sicherlich in Kastl nicht mehr lange Bestand. Dies würde ich zutiefst bedauern. Ich kann Ihre Forderungen überhaupt nicht verstehen, da es nur dem gemeinsamen Engagement der Schüler, Lehrer, Eltern und einigen Politikern aus der Gemeinde bzw. Kreis zu verdanken ist, dass diese Einrichtung überhaupt noch existiert. Wo war vor 4 Jahren der ungarische Schulverein?       

Als Projektleiter in einer internationalen Firma aus der Informationstechnologie-Branche bin ich für den größten europäischen Luft- und Raumfahrtkonzern tätig und führe ein Projektteam mit Mitarbeitern (bestehend aus Informatikern, Mathematikern und Physikern) aus ganz Europa. Neben 6 deutschen Mitarbeitern kommt einer aus Island, einer aus Rumänien, einer ist Franzose und zwei Kollegen sind aus Ungarn. Projektsprache ist deutsch, beim Kunden sprechen wir englisch. Neben dem Fachwissen sind vor allem die sprachlichen Kenntnisse und die Fähigkeit zur kulturübergreifenden Zusammenarbeit gefragt. Diese fehlt oftmals bei den Mitarbeitern, die auch dann bald ersetzt werden müssen. Warum ich Ihnen dies schreibe? Weil ich genau das als Stärke der Schule empfunden habe, nämlich die Förderung des Miteinanders über die Kulturen hinweg, bis Sie mich eines Besseren belehrt haben. Fachliche Kenntnisse können wir auch im Berufsleben erwerben. Sprache und vor allem das Zusammenleben der Kulturen nur in der Jugend.

Ich empfinde es als die Aufgabe der Schule, und damit auch als Ihre Aufgabe, diese Fähigkeiten den Kinder zu vermitteln, damit diese später im Berufsleben den an sie gestellten Anforderungen gerecht werden können. Viele Absolventen von Universitäten sind nicht imstande sich zu integrieren, weil Sie es vermutlich in der Jugend nicht gelernt haben. Einzelkämpfer sind nicht mehr gefragt. Diese Fähigkeiten zu vermitteln, oder noch besser, diese einfach im täglichen Zusammenleben so ganz nebenbei zu erwerben, könnte ein herausragendes Merkmal des EUG sein und eine Chance zur Weiterexistenz bedeuten. Andere Schulen zur Vermittlung von Fachwissen gibt es genug. Das Wissen, das in speziellen Projekten benötigt wird, wird sowieso an keiner Schule oder Universität gelehrt. Dieses Wissen wird erst im Berufsleben erworben und hat in unserer Branche oft nur eine Halbwertzeit von 2-3 Jahren.  

Ich weiß natürlich nicht, ob Sie das Alles überhaupt interessiert, ich hoffe es jedenfalls. Zu Ihrer Frage, ob wir bereit sind ehrenamtlich mitzuarbeiten?

Natürlich. Meine Frau und ich helfen seit 4 Jahren auf fast jedem Fest mit beim Kuchenbacken und -verkaufen, Langosverkauf, Organisieren von Sportveranstaltung und seit kurzem auch im Elternbeirat. Ich wäre auch sofort bereit, für die Schule eine Internet-Kontaktseite zu erstellen, damit alle Eltern, Kinder, Lehrer usw. unmittelbare Kontakte knüpfen können, wie es übrigens an vielen anderen Schulen bereits Standard ist. Dieses Engagement würde mir allerdings wesentlich leichter fallen, wenn ich davon überzeugt wäre, dass das Ganze noch Sinn macht. Zur Zeit kann ich nicht so recht an die Zukunft der Schule glauben.

mit freundlichen Grüßen

Helmut Wiesner

Kastl, 17.12.2001

 

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