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Der Ungarische Schulverein will eine andere Schule
Geschehnisse der letzten zwei Tage vor den Weihnachtsferien 2001/2002

Die Elternbeiräte des EUG übersandten uns diesen Brief zur Veröffentlichung in den Seiten zum Gymnasium


Elternbeirat des Europäisch Ungarischen Gymnasiums                                             21.12.2002

Liebe Eltern,

Aus Budapest erreichte uns ein Schreiben von Frau Dr. Ceglédi Marta und Herrn Györi Ernö , dessen Beantwortung Informationen zu unserer Schule beinhaltet und auch für Sie interessant sein dürfte. Verbunden mit dieser Post möchten wir Ihnen ein frohes Weihnachtsfest und Gesundheit im kommenden Jahr wünschen.

Mit freundlichen Grüßen

Sehr geehrte Frau Dr. Ceglédi Marta,
Sehr geehrter Herr Györi Ernö,

Sie stellen in Ihrem Schreiben einige Fragen zur Schule, die wir nach bestem Wissen hier beantworten wollen. Zunächst interessieren Sie sich für die Eigentumsverhältnisse des Europäisch Ungarischen Gymnasiums in Kastl. Dann wollen Sie aber auch wissen, wer den laufenden Betrieb der Schule finanziert.

Träger der Schule ist eine GmbH (ung. KFT) in der zu 50% der Ungarische Schulverein beteiligt ist; die anderen 50% teilen sich öffentliche Einrichtungen, nämlich der Landkreis Amberg-Sulzbach, die Marktgemeinde Kastl und die Diözese Eichstätt. Diese Beteiligung wurde nötig, damit die Schule vom Freistaat Bayern weiterhin finanziell unterstützt werden konnte.

Denn die Gelder von Bayern (mehr als eine Million Mark), gegeben durch das Bayerische Kultusministerium, sind die wichtigste Finanzierungsgrundlage. Darüber hinaus gibt das Kultusministerium noch zweihunderttausend Mark freiwillig drauf und bezahlt außerdem Stipendien für dreißig Schüler nur aus Ungarn.

Als zweiter Geldgeber betätigt sich die Diözese Eichstätt mit weiteren Stipendien und Gelder für den Betrieb des Internates. Dritter Geldgeber sind die deutschen Landkreise und Städte, wie der Landkreis Amberg-Sulzbach. Dieser bezahlt z.B. für jeden externen Schüler aus Kastl und der Region freiwillig Schulgeld, derzeit etwa 66.000,- Mark.

Von Seiten des Ungarischen Staates kommen weitere 150.000 Mark für den Betrieb und nochmals 150.000 Mark für Stipendien für Schüler nur aus Ungarn dazu.

Also:
    40 % Freistaat Bayern
      9 % Ungarischer Staat
    37 % Einnahmen durch Beiträge der Eltern usw.
    14 % Landkreis Amberg-Sulzbach, Diözese andere Städte und Landkreise
_____

100 %

Eine weitere Frage bezog sich auf die Konzeption von Erziehung und Unterricht und die Einflussmöglichkeiten darauf durch die Geldgeber. Das Kultusministerium legt als oberste Grundlage den Art 131 der Bayerischen Verfassung zugrunde, in dem es heißt

Artikel 131

(1) Die Schulen sollen nicht nur Wissen und Können vermitteln, sondern auch Herz und Charakter bilden.

(2) Oberste Bildungsziele sind Ehrfurcht vor Gott, Achtung vor religiöser Überzeugung und vor der Würde des Menschen, Selbstbeherrschung, Verantwortungsgefühl und Verantwortungsfreudigkeit, Hilfsbereitschaft und Aufgeschlossenheit für alles Wahre, Gute und Schöne und Verantwortungsbewußtsein für Natur und Umwelt.

(3) Die Schüler sind im Geiste der Demokratie, in der Liebe zur bayerischen Heimat und zum deutschen Volk und im Sinne der Völkerversöhnung zu erziehen.

(4) Die Mädchen und Buben sind außerdem in der Säuglingspflege, Kindererziehung und Hauswirtschaft besonders zu unterweisen.

 

Schulen, die sich daran nicht halten, können vom Ministerium, unabhängig vom finanziellen Zuschuss, geschlossen werden, oder Teile der Trägerschaft, die das nicht akzeptieren, können ausgeschlossen werden.

Der Landkreis und die Marktgemeinde vertreten die gleichen Positionen, die Diözese Eichstätt legt Wert auf die zusätzlich christliche Ausprägung der Schule, der Ungarische Staat wünscht eine zweisprachige Schule mit europäischen Inhalten und eine Brückenfunktion von Ungarn nach Europa.

Zu den Lehrzielen findet derzeit eine Abgleichung der Inhalte zwischen den Unterrichtsministerien von Ungarn und Bayern statt. Dadurch soll Ungarische Geschichte verstärkt Lehrinhalt werden. Ansonsten gilt prinzipiell der Bayerische Lehrplan für Gymnasien, da ja auch ein Bayerisches Abitur erreicht werden kann.

Die Vorschriften und Auflagen nach Bayerischen Lehrerbildungsvorschriften müssen grundsätzlich erfüllt werden. Lehrerinnen und Lehrer können aus Ungarn können mit den in Ungarn gültigen Voraussetzungen vom Bayerischen Kultusministerium anerkannt werden.

Die Lehrpläne und Erziehungsrichtlinien, auch die Lehrerausbildungsvorschriften können nicht nur durch Elternbeiräte, sondern von jedermann eingesehen werden, sind sehr oft auch im Internet abgelegt und damit auch in Ungarn einsehbar.

In der GSO §117 (Gymnasial-Schul-Ordnung) sind die Durchführungsvorschriften für die Wahl von Elternbeiräten aufgeführt. Konkret: Die Wahl der Elternbeiräte wurde im Europäisch Ungarischen Gymnasium nach dem seit vielen Jahren üblichen Modus durchgeführt und im Protokoll festgehalten.

Ihre Frage nach den Möglichkeiten der Unterstützung durch Eltern in Ungarn für die Schulleitung und die Lehrkräfte besteht in erster Linie durch gute Werbung. Denn die Schule braucht weitere Schüler, um rentierlich wirtschaften zu können. Derzeit gibt es etwa 190 Schüler, über deren Zusammensetzung die Schulleitung vor Weihnachten informiert hat. Zur sicheren wirtschaftliche Existenz bedarf es mindestens 220, besser 250 Schüler.

Die Motivation der Schüler hängt ab von der Motivation der Lehrer. Eine gesicherte Perspektive zur Zukunft der Schule wäre in diesem Zusammenhang die entscheidende Hilfe.

Die Rechte und Pflichten der Schüler ergeben sich aus der Schulordnung (GSO) und der Hausordnung in Schule und Internat.

Bei der Frage der Konvertierbarkeit der Lerninhalte sowohl zu ungarischen als auch deutschen Gymnasien wird eine Angleichung angestrebt. Es müssen aber, gerade in den Eingangsklassen, Rücksichten in Bezug auf die Sprachkenntnisse der Schüler genommen werden. Ein problemloser Übertritt in ein anderes deutsches Gymnasium ist auch deshalb nicht immer gewährleistet, gute bis sehr gute Schüler schaffen diesen Schritt. Zuträglich unter diesem Aspekt wäre die vom Bayerischen Kultusministerium ausgesprochene Anerkennung der Schule mit dem Prädikat „staatlich anerkannt". Derzeit ist die Schule nur „staatlich genehmigt".

Die Möglichkeiten der Minderung von Schul- und Internatskosten bestehen einerseits darin, in den Genuss eines Stipendiums zu kommen, wofür man sich an die Schulleitung wendet. Weitere Möglichkeiten sehen wir darin, das Modell einer europäischen Begegnungsschule in europäisch (von Brüssel) geförderte Projekte einzubinden. Außerdem sollte die Schule Möglichkeiten für weitere Einnahmen suchen, etwa die Nutzung der Räume in den Ferien durch Seminare und Veranstaltungen.

Ihre Schlussworte des Briefes vom 19.12.2001 sprechen uns aus dem Herzen und beschreiben eine Schule, wie wir sie wünschen. Die Schule in Kastl muss den Wandel von der ehemaligen Exilschule in eine moderne europäische Begegnungsschule vollziehen. Als Bildungseinrichtung der in Westeuropa und Übersee verstreuten Ungarn, die sie einmal war, wird sie die notwendige Schülerzahl von 220 vermutlich nicht mehr erreichen und damit nicht überleben können. Ganz abgesehen davon würde eine solche Ausprägung weder durch die oben genannten Geldgeber in Deutschland, noch durch den Ungarischen Staat gefördert.

Wir hoffen Ihnen mit diesen Auskünften gedient zu haben und würden uns über weitere Kontakte mit Ihnen und ähnlich denkenden Eltern freuen.


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