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Offener Brief an Kultusministerin Hohlmeier


Lehrer am Europäisch-Ungarischen Gymnasium                                 Kastl, Pfingsten 2002
Ch. Grewe-Hielscher, H. Kilgenstein, B.Raum

 

 

An die Kultusministerin des Freistaats Bayern
Nachrichtlich: Herrn Staatsekretär Karl Freller

 

Europäisch-Ungarisches Gymnasium

 

Sehr geehrte Frau Hohlmeier !

Sie und Ihr Ministerium unterstützen das frühere ungarische und heute Europäisch-ungarische Gymnasium seit vielen Jahren großzügig materiell und ideell. Dafür möchten wir Ihnen als z.T. langjährige Lehrer an dieser Schule sehr herzlich danken.

Unter großem Zeitdruck und sehend, dass die Entwicklung des Europäisch-ungarischen Gymnasiums seit etwa einem Jahr in eine Sackgasse geraten ist, aus der es ohne Ihr ganz gezieltes Augenmerk kaum herausfindet, bitten wir Sie ausnahmsweise nun auch um eine inhaltliche Wegweisung, wohl wissend, wie heikel eine solche Bitte gerade im Fall von Privatschulen ist.

Die Berechtigung dafür gibt uns die Befürchtung, dass Sie, Ihr Haus, der gute Ruf des bayerischen Bildungswesens, sogar Ministerpräsident Stoiber, für Zwecke missbraucht werden, die Ihren Bildungszielen und pädagogischen Vorstellungen nach aller unserer Kenntnis widersprechen.

Vielleicht erinnern Sie sich:

Im März 1999 fuhr unsere ganze Schule mit großer Unterstützung unserer Bürger und vieler regionaler Politiker nach Bonn. Die MdB Rudolf Kraus, Reinhold Strobl, Helmut Wilhelm, unser heutiger Landrat Armin Nentwig wie auch sein Vorgänger Dr. Hans Wagner - sie alle haben uns überparteilich dabei unterstützt, unser Anliegen, den Erhalt des ungarischen Gymnasiums als moderne europäische Begegnungsschule, beim damaligen Staatsminister für Kultur, Dr. Michael Naumann, vorzutragen.

Wir fanden bei ihm viel Sympathie, die materielle Verantwortung hat er allerdings in einem Schreiben vom 12.5. 1999 an Sie und Ihr Haus zurückverwiesen.

Wir danken Ihnen sehr, dass Sie den Ball aufgefangen und unsere Schule nicht im Stich gelassen haben.

Organisatorische Konsequenz des vom damaligen Ungarischen Schulverein und der Schule erarbeiteten neuen Konzepts der europäischen Begegnungsschule war die Gründung einer gGmbH im Frühjahr 2000, an der sich der bis dahin alleinige Träger Schulverein zu 50 %, die eingestiegenen Partner Diözese Eichstätt, der Landkreis Amberg-Sulzbach und die Marktgemeinde Kastl zu je 16,6 % beteiligten. Eltern, Schüler und Belegschaft waren sehr erleichtert darüber, dass die Last auf mehrere starke Schultern verteilt war und die Zukunft der Schule gesichert schien.

Keiner der damals persönlich Beteiligten konnte oder wollte sich vorstellen, dass diese Konstellation ab etwa einem Jahr später in eine derartige Krise führen sollte, wie sie jetzt -intern schier unlösbar - manifest ist.

Ursächlich dafür waren der auffällig geschlossene Eintritt etlicher neuer Mitglieder in den USV und Wahlen eines neuen Vorstands vor etwa einem Jahr.

Nachdem es anfangs nur einige irritierende Signale und Vorfälle gab, schälte sich mittlerweile unmissverständlich heraus, dass der neue USV-Vorstand nichts anderes beabsichtigte (und nach wie vor verfolgt) als die Rekonstruktion des überholten ungarischen Gymnasiums als Auslandsschule in erster Linie für die Nachfahren der ehemaligen Exilanten.

Die Methoden, mit denen er dieses Ziel zu erreichen suchte, sollen hier nicht ausgebreitet werden. Sie haben Entgeisterung bis Entsetzen hervorgerufen und sind entsprechend in der regionalen Presse kommentiert worden. Sie sind jedenfalls eine Schande für eine Bildungseinrichtung, die sich auf den Geist der europäischen Einigung, auf bayerisch -ungarische Bildungsziele und auf europäische demokratische und rechtsstaatliche Standards beruft.

Der USV-Vorstand hat sich inzwischen völlig isoliert.

Der 5 - köpfige Vorstand eines Vereins von 25 Mitgliedern 1

(hat verprellt):

· das regionale Umfeld, die gGmbH-Partner Gemeinde und Landkreis

· den Garanten der Wertebindung, auf die er sich beruft, den Partner Diözese Eichstätt

· das ungarische Bildungsministerium, die zuständigen Repräsentanten seines Herkunftslandes, wie es der ungarische Generalkonsul Gyarmathy bezeugen kann.

· Für uns zuständige Vertreter Ihres Hauses, wie den MB Dr. Einwachter.

 

In für alle anderen Beteiligten unfasslicher Borniertheit verweigert der USV-Vorstand bis heute die Abgabe eines Prozentes seiner Anteile an den ungarischen Staat, um die Krise der Pattsituation zu lösen.

Verkehrte Welt oder fatale Kastler Kuriosität: Es sind deutsche Gesellschafter (und ungarische und deutsche Kollegen gemeinsam), die den USV auffordern müssen, sein Heimatland am Europäisch-Ungarischen-Gymnasium zu beteiligen - und dabei bereit sind, ein etwaiges „ungarisches" Übergewicht zu akzeptieren, wenn nur der USV ebenfalls 1 % abgibt .2

Der bis heute anhaltende unverantwortliche Poker erzeugt eine Unsicherheit, die Schüler und Eltern abschrecken muss, Vertrauen in die Zukunft der Schule zu setzen.

Um es überspitzt auszudrücken: Der Vorstand des Schulvereins hat die Schule in Geiselhaft genommen.

Es ist nicht auszuschließen, dass die übrigen Gesellschafter keine Möglichkeit mehr als die des Ausstieges sehen.

Damit wären alle vergangenen außerordentlichen Bemühungen um den Erhalt der Schule - allein schon sie bezeugen das öffentliche Interesse an dieser Einrichtung - vergeblich gewesen. Niemand außer ihm selbst traut diesem USV die Weiterführung der Schule zu.

Sie sollen wissen, das sich der USV-Vorstand, - wir wissen nicht, wie er dazu kommt -, auf Ihre Unterstützung und sogar die des Ministerpräsidenten beruft:

„Die Förderung unserer Schule durch die Republik Ungarn kann nicht an Bedingungen personeller Art oder an Eigentumsrechte geknüpft werden. Die diesbezüglichen Einschüchterungsversuche und Drohungen (des ungarischen Staates ! d.Verf.) sind verantwortungslos und unseriös.

Denn zunächst gibt es eine zwischenstaatliche Vereinbarung zwischen Ungarn und dem Freistaat Bayern und dann bietet auch das Grundgesetz der Republik Ungarn (...) die Grundlage für eine Förderung für Institutionen wie unsere außerhalb der Landesgrenzen an." (Schreiben des Vorsitzenden Dr. Szabados vom 6.5.o2)

In der o.a. gemeinsamen Erklärung zwischen dem Ministerpräsidenten des Freistaats Bayern, Herrn Dr. Stoiber, und dem jetzt aus dem Amt scheidenden Ministerpräsidenten der Republik Ungarn, Dr. Orban, vom 3.11. 2001 heißt es bezüglich unserer Schule:

„Sie erklären ihr Interesse am weiteren Bestehen des ungarischen Gymnasiums in Burg Kastl, das eine Symbiose des bayerischen und des ungarischen Bildungswesens darstellt."

In der Gewissheit, dass ohne Eingreifen eine Einrichtung, die Tradition und moderne Perspektive fast unvergleichlich verkörpern könnte, existentiell bedroht ist, bitten wir sie, sich unserer Schule persönlich anzunehmen und zu klären, ob der USV tatsächlich mit Ihrem Einverständnis rechnen kann, wenn er o.a. Erklärung in der Öffentlichkeit als Freibrief für absolut willkürliche Methoden zur Rekonstruktion der ehemaligen Exilschule als Auslandsschule benutzt.

Wir bitten Sie sehr herzlich um ein möglichst baldiges Gespräch mit kompetenten und befugten Vertretern des ungarischen Staats, des Landkreises, der Diözese, des Marktes und des Elternbeirats und der Schülervertretung.

Wir sehen darin die einzige Chance, der Absicht der gemeinsamen Erklärung der beiden Ministerpräsidenten zu entsprechen.

 

Mit vorzüglicher Hochachtung

Christel Grewe-Hielscher, Hubert Kilgenstein, Bernhard Raum

1 Es mehren sich Hinweise, dass der Vorstand nicht einmal seine eigenen Mitglieder korrekt informiert hat.

2 Die Forderung nach Abgabe eines Prozentes Anteil an den ungarischen Staat haben 2/3 der Belegschaft in einer Unterschriftensammlung unterstützt, was nicht heißt, dass alle übrigen dagegen sind.


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