Heinz Lang, Kastler Illustrierte - Anfang Ausgabe Mai 1998- 1 |
Europawoche im Ungarischen Gymnasium
Kastl (nla). Anlässlich der Europawoche fanden sich im Europäischen Gymnasium in Kastl hochkarätige Referenten zum Thema Europa ein. Je einen Beitrag bot der Ungarische Generalkonsul in München, Laszlo Püschbök, Bischof Walter Mixa von Eichstätt, der Europaexperte in der Staatskanzlei, Dr. Christian Barth, und der Vertreter des Landrates, Amtsrat Peter Donauer.
Schulleiter Georg Kurin begrüßte zahlreiche Ehrengäste und die Schüler der oberen Klassen. Das Gymnasium hatte diese Veranstaltung auf Bitten des Ungarischen Generalkonsulates in München durchgeführt. Nicht nur wegen des Schulversuches "Europäisches Gymnasium", sondern auch wegen zahlreicher Beiträge zu europäischen Projekten, wie Comenius aus dem Sokratesprogramm der EU ließen die Wahl des Veranstaltungsortes als sinnvoll erscheinen. In den Wochen zuvor hatten die Schüler also schon umfangreich am Thema Europa gearbeitet. Der Europatag wurde so zum krönenden Abschluß der Projektwochen an der Schule.
Ansprechende Referate, Kaiserwetter und eine hervorragende Organisation ließen den Europatag in Kastl zum Erlebnis für Schüler und Gäste werden. Die Sonne meinte es beinahe zu gut mit den Veranstaltern. Jedenfalls fanden sich die Zuhörer der bevorstehenden Referate überpünktlich im kühlen Refektorium der Klosterburg ein.
Während der Pausen konnten die Schülerarbeiten zur Comenius Aktion besichtigt werden. Eine Collage trug das Motto "We are the Pillars of the bridge". Aufgelistet waren Schulen in Europa, die den gemeinsamen Gedanken Voran bringen wollen, darunter das Ungarische Gymnasium Kastl. So werden europäische Bildungsprojekte verfolgt, Schulpartnerschaften organisiert und Kenntnisse über die Kulturen und Sprachen der europäischen Staaten verbessert. Eine Ausstellung verdeutlichte Ungarns Annäherung an die NATO und eine weitere Ausstellung stellte Ungarische Schriftsteller in deutscher Übersetzung vor.
Für eine heitere Einlage sorgten Schülerinnen der Theatergruppe in einem Sketch. Gezeigt wurde ein europäischer Stammtisch bei Rosmarie, dem "Einser", wie die Schüler ihren halbgeheimen Zufluchtsort (Gasthaus Hiasl) in Kastl nennen.
Ungarn, Schengen und Verbrechensbekämpfung
Kastl (nla). Den Eröffnungsbeitrag zum Europatag im Ungarischen Gymnasium leistete Günther Späth, Honorarkonsul der Republik Ungarn in Nürnberg. Er befaßte sich mit dem Thema: Das Schengener Abkommen - Innere Sicherheit - Ungarn bald ins Fahndungssystem einbeziehen.
Späth konnte deutlich machen, daß es gerade auch für die Bundesrepublik von großen Vorteil ist, wenn die Republik Ungarn zur Verbrechensbekämpfung beiträgt. Deshalb macht es Sinn, Ungarn sehr bald ins Schengener Abkommen einzubeziehen. Demnach müßte Ungarn an die Fahndungscomputer der Schengener Länder angeschlossen werden. Rein technisch bereitet das keine Probleme, weil siebzig Prozent der ungarischen Grenzübergänge ohnehin mit Computer ausgestattet seien.
Ungarn verspricht sich durch diese Zusammenarbeit, neben der verbesserten Verbrechensbekämpfung, eine intensivere Bindung an die europäischen Länder und sieht den EU-Beitritt damit begünstigt. Nach Innenminister Beckstein, so der Redner, könne eine Zusammenarbeit an der österrichisch-ungarischen Grenze für Bayern und Deutschland nur sinnvoll sein. Ungarn komme so die Funktion eines Vorfilters zu, die Ungarn nach offiziellen Erklärungen auch bereit ist anzunehmen.
Christliche Werte auch für die europäische Zukunft angemahnt
Kastl (nla). Bischof Walter Mixa aus Eichstätt hatte sich persönlich Zeit genommen, um zum Europatag in Kastl mit einem anspruchsvollen, aber gut verständlichen Vortrag von der Notwendigkeit ethischer und christlicher Normen zu überzeugen.
Man spürte in seinen Worten, daß der Bischof den Umgang mit Abiturienten noch beherrscht, den er viele Jahre beruflich pflegen mußte. Gerade im sich verändernden Europa, so der Bischof, braucht es das Wissen um die gemeinsame Vergangenheit, wenn die Zukunft erfolgreich gestaltet werden soll.
Der Gedanke, ein einheitliches Europa zu schaffen, sei spätestens im 8. Jahrhundert und danach in der Karolingischen Zeit als Idee vorhanden gewesen und damit nicht erst eine Erfindung unserer Zeit. Man kann man aber auch schon zur Zeit der Völkerwanderung im fünften und sechsten Jahrhundert eine Europäisierung anerkennen. Vielleicht läßt sich sogar im Imperium Romanum ein Vorläufer der Europa-Idee ausmachen. In jedem Fall aber liegt in dieser Geschichte unsere Ethik mit begründet.
Und bei aller Kritik am "finsteren Mittelalter", an dem er nichts beschönigen wolle, sei doch der Glaube an den einen Gott, der mit der Menschwerdung Christi die Menschenwürde unterstrichen habe, in dieser Zeit prägend gewesen. Der Bischof stellte fest, daß auch im zwanzigsten Jahrhundert schlimme menschenverachtende Vorgänge erkennbar wurden. Allein 65 Millionen Menschen seien unter dem Marxismus umgekommen und dazu noch die Opfer der Nazis.
Für ein gemeinsames Europa haben die Werte der Christen eine wichtige Funktion. Der Christliche Glaube verlange eine Anerkennung des Menschen als Person. Damit verbietet sich auch die das Verfügungsrecht über das Leben eines anderen. Aber auch die Ehrfurcht vor Gott verbietet das Verfügen über das Leben durch Menschen. Schließlich sind wir Geschöpfe Gottes, auch wenn behindert, ungeboren oder alt. Das darf sich auch durch Europa nicht ändern. Schließlich forderte der Bischof ein, mit der Umwelt so umzugehen, daß auch künftige Generationen menschenwürdig leben können. Europa muß geprägt sein, so Bischof Mixa, von gegenseitiger Wertschätzung und der Ehrfurcht gegenüber Gott und damit dem Menschen.
Laszlo Püspök: Ungarn in die EU
Kastl (nla). Einen wohlwollenden Gönner und Freund hat das Ungarische Gymnasium in der Person des Generalkonsuls der Republik Ungarn in München, Laszlo Püspök, gefunden. Nicht zuletzt seiner Initiative ist es zu verdanken, daß die Ungarische Republik am Fortbestand des Kastler Gymnasiums ihr Interesse bekundet und Mittel zugesagt hat. Er war zum Europatag persönlich erschienen. Eine eindrucksvolle Begegnung mit Kastl war für ihn zuvor die erste Aktion des im letzten Jahr neu gegründeten Kulturvereines Kulturkastl (wir berichteten). Dieser hatte in Zusammenarbeit mit dem Gymnasium die historischen ungarischen Reiter, die der Generalkonsul durch Bayern begleitete, am Marktplatz in einem höchst würdigen Rahmen empfangen.
Generalkonsul Püspök ging in seinem Redebeitrag zum Europatag in der Klosterburg (wir berichteten bereits von anderen Redebeiträgen) auf die tiefgreifenden Veränderungen in Ungarn ein. Die künstliche und zwangsweise Isolation vergangener Jahrzehnte sei beendet und damit der Weg für Ungarn zu einem Platz in Europa frei. Püspök unterstirch die historische Bindung Ungarns an die europäischen Länder. Zum 1000. Jahrestag der Krönung von König Stefan möchte Ungarn mit der Aufnahme in die EU ein klares Zeichen für Europa gesetzt haben.
Mit Fakten und Zahlen unterstrich der Generalkonsul die Leistungsfähigkeit der ungarischen Wirtschaft und die Stabilität ungarischer Politik. Mit Ausnahme der Inflation könne Ungarn jetzt schon alle Kriterien des Maastrichter Kataloges erfüllen. Für die Aufnahme in die EU sei die Erfüllung dieser Konvergenzkriterien ja ohnehin nicht Voraussetzung. Jedoch seien die verbindlichen Normen der Finanz- und Steuerpolitik einzuhalten, der Kapitalfluß muß vollkommen liberalisiert werden.
Allein der Anteil der Deutschen an den Investitionen in Ungarn betrage 28%, gefolgt von den USA mit 26%. Einem Diskussionsredner, der in diesen Zahlen die Gefahr des Ausverkaufs ungarischer Werte an das Ausland vermutete, widersprach Püspök. Nicht ein einziger Betrieb sei aus Ungarn abtransportiert worden. Alle Investitionen helfen der ungarischen Bevölkerung.
Kein Verständnis zeigte Püspök für die Haltung, daß mehrere mitteleuropäische Staaten gleichzeitig in die EU aufgenommen werden müßten. Es geht nicht an, daß diejenigen, die ihre Hausaufgaben gemacht haben auf die Langsamsten bzw. auf die schwächsten Partner in der Kette warten müßten. Deshalb seien die ungarischen Schlüsselworte zum EU-Beitritt: Geschwindigkeit und Differenzierung.
Dr. Christian Barth: Euro - Die Entscheidung ist gefallen, was nun?
Kastl (nla) Der Europatag in Kastl ging auf eine Initiative der Bayerischen Staatsregierung zurück, welche die Konsulate gebeten hatten, jeweils einen Beitrag zum Thema zu leisten. Das Ungarische Generalkonsulat führte deshalb eine zweitägige Veranstaltung durch: Der erste Tag fand in München, der zweite im Ungarischen Gymnasium statt.
Für die Staatskanzlei war der Referatsleiter, Dr. Christian Barth mit dem Thema "Euro - Die Entschediung ist gefallen, was nun? Dr. Barth erinnerte an die elf Beitrittsländer und erklärte nochmals die Gründe für das Fehlen von Griechenland, Großbrittannien, Dänemark und Schweden. Er begrüßte, daß Duisenberg erster EZB-Präsident wird, wobei das Drängen von Frankreich auf eine verkürzte Amtszeit einen Schatten auf den Beginn der Währungsunion werfe. Eine harte Währung sei unverzichtbar, wenn man sich erinnert, daß Deutchlands Aufstieg untrennbar mit der Mark als glaubwürdiger Währung verbunden sei. Dabei sei eine stabile Währung vor allem für die kleinen Leute wichtig. Ihre Ersparnisse, Renten und das Arbeitseinkommen wären unmittelbar betroffen.
Nach Abwägung der Risiken könne man unter dem stabilitäspolitischen Aspekt den Beginn der WWU vertreten, meinte der Redner. Die Wirtschaft würde immer stärker globalisiert, was nicht zuletzt in den Aufkäufen ausländischer Automobilfirmen durch Deutsche Firmen sichtbar würde. Der Wegfall von Wechsel- und Transaktionskosten, das entfallende Wechselrisiko und der mögliche Impuls für eine europäische Integration sind gute Gründe. Nur ein stabile Euro kann zum Gegengewicht für den Dollar werden. Deshalb werde Bayern nicht aufhören, die Erfüllung der Stabilitätskriterien anzumahnen.
Staatssekretär Kraus sucht das Gespräch mit dem Kanzleramtschef
Kastl (nla). In den nächsten Sitzungswochen soll ein Gespräch zwischen Parlamentarischen Staatssekretär, Rudolf Kraus, und dem Kanzleramtsminister, Friedrich Bohl, stattfinden. Kraus bemüht sich dabei, die bisher ablehnende Haltung des Bundesinnenministeriums zur Förderung des Ungarischen Gymnasiums aufzuweichen oder ein anderes Ministerium mit Fördermöglichkeiten zu finden.
Wie der Parlamentarische Staatssekretär, Rudolf Kraus, seinem Kollegen im Kreistag, Heinz Lang, mitteilte, bemüht er sich um ein Gespräch mit dem Chef im Bundeskanzleramt, Friedrich Bohl. Den Sachstand hatte Kraus an das Bundeskanzleramt im Vorfeld weitergegeben. Kraus verwies dabei auf das europäische Modell der Schule. Außerdem habe er bereits sehr konkrete Vorschläge übermittelt, wie das Gymnasium zu einer "Begegnungsschule" umstrukturiert werden kann. Im Hinblick auf die EU-Absichten der mittel- und osteuropäischen Länder könnte das Kastler Gymnasium eine neue, wichtige Aufgabe erfüllen.
Im bilingualen Unterricht erfahren Schüler ganz automatisch die Sprache des anderen und verwenden diese natürlicher und ungezwungener, als Schüler des herkömmlichen Fremdsprachenunterrichts. Da in Kastl schon lange zweisprachig unterrichtet wird und Ungarn sicherlich eines der ersten Neuzugänge der EU darstellt, treffen in Kastl ideale Voraussetzungen aufeinander, begründet Kraus seine Überlegungen. So könnte Ungarn eine Vorreiterrolle für andere Mitteleuropäer sein bis hin zu den Baltischen Staaten.
Unter diesem Aspekt sollte die beabsichtigte Abwicklung angehalten werden, so der Wahlkreisabgeordnete. Wie in unserer Zeitung bereits berichtet, sollte der Schulbetrieb nach den Vorstellungen des Innenministeriums in Bonn langsam auslaufen. Beabsichtigt war, im letzten Jahr keine neue Eingangsklasse mehr zu bilden und im Jahr 2000 den Schulbetrieb einzustellen. Dagegen konnte der Staatssekretär erfolgreich intervenieren. Er erreichte, daß weiterhin Neuzugänge in der fünften Jahrgangsstufe möglich wurden und auch zwei vakante Lehrerstellen zur Fortführung des Schulbetriebes genehmigt wurden.
In seinem Schreiben an den Chef des Bundeskanzleramtes erinnert Kraus an eine Aktion des Vorsitzenden des Regionalen Planungsverbandes Oberpfalz-Nord, Landrat Dr. Hans Wagner. Dieser hatte eine Resolution zum Erhalt des Ungarischen Gymnasiums an den Bundeskanzler veranlaßt. Außerdem erklärte der Landrat im Kreistag, daß auch der Landkreis bei der Finanzierung nicht abseits stehen kann. Die Bayerische Staatsregierung hat ebenfalls zusätzliche Ausgleichsmittel zugesagt. Über die Möglichkeiten zur Finanzierung der restlichen Summe bittet Kraus seinen Kollegen nun mit nachzudenken.
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