Heinz Lang, Kastler Illustrierte  - Anfang Ausgabe Juni 1998-2  Navigation zur homepage von Heinz Lang, Kastl - header

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Prinzessin Anna und Geschichtliches zum Schweppermannspiel

1. Kaiser Ludwig der Bayer

 

Am Montag nach dem Fest Heilige Drei Könige feiern die Einwohner Kastls traditionsgemüß das "Kastler Recht". Am 12. Januar 1998 konnten die Kastler bereits den 675. Jahrestag der Erhebung ihres Ortes zum Markt begehen. Der Markt Kastl verdankt dieses Ereignis der besonderen Beziehung des Deutschen Kaisers Ludwig des Bayern zum Kastler Kloster und dessen damaligem Abt Hermann, der "des Kaisers Freund und Gevatter" genannt wird. Der bayerische Herzog Ludwig IV. war einer von drei Wittelsbachern, denen es gelang deutscher König (ab 1 3 1 4) und Kaiser (ab 1 328 bis 1347) zu werden. Am 9. November 1313 besiegte Ludwig mit seinem berühmten Kastler Feldhauptmann Seyfried Schweppermann bei Gammelsdorf das österreichische Heer. Der Königswahl im folgenden Jahr folgten jahrelange Thronstreitigkeiten. Auch mit dem zweiten Papst von Avignon, Johannes XXII, hafte der neugewählte König große Differenzen. Der Papst sprach Ludwig den Königstitel ab und verhängte den Kirchenbann und die Exkommunikation. Der Papst nannte den Geächteten nur noch "Bavarus", der Bayer. Der Name war abwertend gedacht, sollte aber zum Ehrentitel werden. Kaiser Ludwig der Bayer starb am 11. Oktober 1347 bei einer Bärenjagd in der Nähe von Fürstenfeldbruck.

 

  

2. Das kurze Leben des Kaiserkindes Anna

 

Kaiser Ludwig der Bayer hielt sich mehrmals in der Oberpfalz auf. Am 4. Januar 1319 schloß der Kaiser in Amberg mit dem Burggrafen Friedrich von Nürnberg einen Vergleich. Von dort reiste der Regent in Begleitung einiger seiner Kinder und wohl auch seiner ersten Gattin Beatrix von Schlesien noch Kosti weiter. Hier erkrankte das jüngste seiner vier Kinder aus erster Ehe, die kleine, dreijährige Anna und verstarb am 29. Januar. Den Schmerz der Eltern hat Dichter J. G. Hierl in folgende Verse gekleidet:

"Einst klopfte er zu Kastl mit Weib und Kind ans Tor

Doch ach, da kam den Gästen der grimme Tod zuvor,

Der nahm den kleinen Engel der Mutter aus dem Arm,

Es trauerten die Mönche, tief war des Vaters Harm."

 

Das Kind wurde nicht in die Residenzstadt München überführt, sondern in die Obhut der Kastler Mönche gegeben. Vielleicht hatte der Kaiser noch weitere Reiseziele, so daß an eine Überführung nach München nicht zu denken war. Der Leichnam wurde nach damaliger Sitte und der hohen Herkunft entsprechend einbalsamiert.

 

 

3. Die Tumba der Prinzessin Anna

 

Ursprünglich war der Leichnam des Kindes in einem zinnernen Sarg bestattet. Dieser war in einem Steinmal versenkt. Der Platz dieser Tumba war mitten im Schiff der Klosterkirche vor dem Kreuzaltar. Der uralte Altar wurde im Jahre 1679 abgebrochen. Im Jahr 1715 ließen die Jesuiten den Leichnam der Prinzessin aus dem Hochgrab herausnehmen und in einem Eichenschrank aufbewahren. Die ursprüngliche Tumba wurde anscheinend damals beseitigt. Erst 1829 fand man den einstens entfernten Aufbau in einer Scheune wieder. Die Auflösung der teilweise in gotischen Großbuchstaben, so-

 

gen. Majuskeln, abgekürzt wiedergegebenen Inschrift auf dem Grabmal aus Sandstein lautet:

ANNO - D[OMIINI - M - CCC . XIX . III

K[A]L[ENDIS] - FEBR[VARII] O[BIIT] ANNA -

FILIA - LVD[OVICI] - REGIS ROMANORVM

 

Die Übersetzung lautet: "Im Jahre des Herrn, am 30. Januar 1319, verstarb Anna, die Tochter des römischen Königs Ludwig." Das Sterbedatum wird in der Literatur meist mit dem 29. Januar 1319 angegeben. Nach Grotefunds "Taschenbuch der Zeitrechnung" muß die Umrechnung des eingemeißelten Datums aber "30. Januar 1319" lauten (Auskunft von Dr. J. Laschinger).

swannagrb.JPG (52575 Byte)Das Grabmal der Prinzessin Anna steht heute im sog. Paradies, einer Art Vorhalle der Kastler Klosterkirche. Die Steinplatte ist mit einer der ältesten Stabkreuzplatten unserer Heimat geschmückt. Die heute leider sehr beschädigte Steinplane mißt 1,13 m in der Länge und 63 cm in der Breite. Diese Grabdenkmäler waren für die damalige Zeit, Mitte des 13. bis ausgehendes 14. Jahrhundert, charakteristisch. Eine Tumba war stets nur hochgestellten Persönlichkeiten vorbehalten. Das beherrschende Motiv von Stabkreuzplatten ist ein erhabenes Hochkreuz im Flachrelief, dessen Fuß aus einem gotischen Dreiberg, einem sogen. Dreipaß, besteht. Die Balken des Kreuzes verbreiten sich in rautenförmige Nasen und enden in Blattmotiven, vielleicht Lilien. Die kurze Stange mündet in den erwähnten Dreipaß, der wieder, auf den Innenseiten, mit je einer dreiblättrigen Blume geschmückt ist. Die Tumba ist an den Seitenwänden mit genasten Spitzbogenblenden verziert.

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4. Der Mumienschrein mit dem Kaiserkind

Wie schon erwähnt ließen die Jesuiten die Mumie der Prinzessin 1715 in einen hölzernen Schrank verbringen, der heute ebenfalls im Paradis, der Vorhalle, steht. Neben dem Grabmal Seyfried Schweppermanns erregt der Mumienschrein mit dem sw_sarg.JPG (12994 Byte)Kaiserkind Anna die meiste Aufmerksamkeit. Der als Mumie erhaltene Leichnam der Prinzessin Anna in der Kastler Klosterkirche bewegt auch heute noch die Besucher aus nah und fern. J. G. Hierl schreibt am Ende seiner gefühlsbetonten Abhandlung über das Mumienkind von Kastl: "Mit erhebenden Gefühlen scheiden wir von Grabe des Mumienkindes. Der Hauch ruhmreicher geschichtlicher Erinnerungen umschwebt uns an dieser hl. Stätte, einer der denkwürdigsten der Oberpfalz und ruft ins Gedächtnis die Verse:

"Der Wandrer steht voll Rührung an deinem schlichten Schrein,

Ergriffen wie zu Speyer im Kaiserdom am Rhein,

Und spricht: Schlaf wohl am Berge zu Kostl weich und lind,

bis einst die Särge springen, du holdes Kaiserkind!

Rings steh'n die Nordgauberge und ihre Halden blüh'n,

Zum Grab der Kaisertochter der Wandrer viele zieh'n.

Ihr Grob steht noch im Ruhme, wenn sie verschollen sind.

Doch einst auf Wiedersehn! Du holdes Kaiserkind!"

 

 

5. Stiftungsbriefe für das Seelenheil der geliebten Tochter

Kaiser Ludwig der Bayer wollte auch noch nach dem Tod der geliebten Tochter für das Kind sorgen. Am 13. Januar 1321 stiftete er "auf ewige Zeiten" einen Jahrtag für das Seelenheil des Kindes. Doch mit der Vertreibung der Kastler Mönche im Jahre 1560 und der Aufhebung des Klosters während der Reformationszeit wurde der Willen des Vaters und Stifters des Jahrtages außer Kraft gesetzt.

 

 

 

Seyfried Schweppermann

 

"Jedem ein Ei, dem frommen Schweppermann zwei!" Jedes Schulkind kennt diesen Ausspruch, der Kaiser Ludwig dem Bayern in den Mund gelegt wird, als noch der Schlacht bei Mühldorf am 28. September 1322 Eier an die erschöpften Kämpfer verteilt wurden. Der Berchinger Dichterarzt Dr. Heinz Schauwecker hat dem Feldhauptmann in seinem "Kastler Schweppermann-Spiel" ein literarisches Denkmal gesetzt. 1988 wurde das Spiel letztmals im Hof der Klosterburg zu Kastl aufgeführt. Schweppermann wurde um das Jahr 1260 geboren. Das Geschlecht der Schweppermänner nannte sich früher nach Hulloch (Hillohe), südlich von Lauterhofen. Um 1280 vermählte er sich mit Katharine Rindsmaul von Nürnberg. Der junge Mann widmete sich früh dem Kriegsdienst und erwarb sich das Vertrauen Königs Ludwig des Bayern, dessen Feldhauptmann er wurde. Das Prädikat "Fromm", das ihm seine Zeitgenossen zubilligten, soll zeigen, daß er ein gewissenhafter, redlicher und tapferer Mann gewesen ist. Seine erste große Bewährung bestand Schweppermann in der Schlacht bei Gammelsdorf 1313 gegen die Österreicher. Schweppermann hielt sich in der Folgezeit meist auf seiner Burg in Deinschwang bei Neumarkt auf. Dort starb er im Jahre 1337. Seine letzte Ruhestätte fand der berühmte Nordgauritter in der Klosterkirche zu Kastl. Die originale Grobplatte aus rotem Marmor und die Ehrentumba aus dem Jahr 1782, sowie eine Bildtafel erinnern an den berühmten Feldhauptmann.

 

 

Kaiser Ludwig der Bayer

Kaiser Ludwig der Bayer (Dt. König von 1314 - 1347) ist die dominierende Gestalt des Bildes. Der wittelsbacher Herrscher weilte nachweislich dreimal in Kastl. Hier auf dem Nordgau hatte er viele getreue Freunde. Am 6. Januar des Jahres 1323 kam der König nach Kastl, um dort Gott für den Sieg über den Gegenkönig Friedrich den Schönen bei Mühldorf zu danken. Er erhob auch aus diesem Anlaß Kastl zum Markt. Zum ersten Mal ertönte die für diesen Sieg gestiftete 66 Zentner schwere Sturmglocke", im Volksmund auch "Die Stürmerin" genannt. In der Kastler Klosterkirche steht ein barocker Gebeinschrank mit der mumifizierten Leiche seines Töchterchen Anna, die hier in Kastl im Jahre 1319 verstorben war. Nur drei Wittelsbachern gelang es, deutscher König, bzw. Kaiser zu werden. Am 17. Januar 1328 wurde der "Bavarus", der Bayer, so nannte ihn sein Gegner Papst Johannes XXII. von Avignon, in Rom zum Kaiser gekrönt. Ein geringschätziger Name, der bald zum Ehrentitel werden sollte.

Im Jahre 1 346 wurde ein Sohn des böhmischen König Johann, der spätere Kaiser Karl IV. (1 347 - 1378) zum Gegenkönig Ludwig des Bayern gewählt. Ein neuer Waffengang um das deutsche Königtum schien unvermeidbar, doch das Schicksal entschied anders. Am 1 1 . Oktober 1 347 erlitt Kaiser Ludwig der Bayer bei Fürstenfeld, er war auf Bärenjagd, einen tödlichen Schlaganfall. Er wurde in der Pfarrkirche "Unserer lieben Frau" zu München beerdigt.

 

 

Abt Hermann

 

Abt Hermann, ein "Gevatter" und Freund des Königs spielte am Hof eine einflußreiche Rolle.

Mehrere Urkunden bezeugen seine Nähe zum König. Auch nach der Exkommunikation des Königs durch Papst Johannes XXII. am 24. März 1324 stand er treu zur Sache des Herrschers und begleitete ihn auf seinem Zug nach Rom zur Kaiserkrönung am 17. Januar 1328. Auf der Rückreise gründete Ludwig der Bayer das Kloster Ettal. Es dürfte kein Zufall gewesen sein, daß der erste Abt und die Mönche dieses Klosters aus dem kastlischen Tochterkloster Reichenbach am Regen kamen. Unter Abt Hermann, er stand dem Kloster Kastl von 1 322 bis 1 356 vor, erlebte das Benediktinerkloster Kastl seine Glanzzeit. 1325 wurde dem Abt das Recht verliehen, Inful (Mitra) und Stab zu tragen. Berühmt wurde die von Abt Hermann um 1 342 verfaßte " Kastler Reimchronik". Mit 700 deutschen Versen beschreibt Abt Hermann die Geschichte des alten Nordgaues.

 

Quellen:

Hierl: "Das Mumienkind zu Kastl", in "Die Oberpfalz', Bd. 1, 1907, S. 4 -7 und S. 18 - 20

Friedrich Hermann Hofmann und Felix Mader: "Die Kunstdenkmäler des Königreich Bayern' Heft XVII Stadt und Bezirksamt Neumarkt, München, 1909, S 172 ff.

Ignaz Brunner: "Das Merkwürdige von Kastl", Sulzbach 1830. S. 26, 28, 119

Mathicis Conrad in "Der Eisengau" Bd. 7, 1996, S. 46 - 48 Georg Widenbauer in "Die Oberpfalz" 3/1976, S 67 ff Siegfried MOJI in "Die Oberpfalz" 4/198 1, S 103 ff.  Mein besonderer Dank gilt Herrn Dr Johannes Laschinger fur die Auflösung der teilweise abgekürzt wiedergegebenen Inschrift auf dem Grabmal, (Brief vom 20, Jan, 1998)

 

Quellen:

Conrad, Mathias: Entdeckungen 2 (Der Eisengau 7/1996 - Sonderband), Amberg 1996 Lang, Herbert: "Das ehemalige Nordgaukloster Kastl" in " Die Oberpfalz', 5/1982

Moll, Siegfried: "Kaiser Ludwig der Bayer und der Vertrag von Pavia 1329" in "Die Oberpfalz" , April 1981

Moll, Siegfried: "Jedem Mann ein Ei, dem tapferen Schweppermann zwei" in "Die Oberpfalz", September 1981

Nachruf auf Rudolf Schörner in der "Mittelbayerischen Zeitung" vorn 4. Februar 1 995 Sieghardt, August: Oberpfalz, Heroldsberg, 1977

 

Josef Schmaußer, 1997

 

 

 

 

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