Kastler Illustrierte von Heinz Lang
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Schweppermannspiel
1998
I. AUFZUG
1319
1. Auftritt
Der Schalksnarr eilt mit grotesken Sprüngen in die Mitte, rasselt mit seinen Schellen.
SCHALKSNARR (mit Verbeugung)
Zum Anbeginn erschein ich heut-
und grüß euch all, ihr lieben Leut!
Ihr seid ob meiner bunten Tracht verwundert?
Sie blieb sich gleich, Jahrhundert für Jahrhundert!
Nehmt sie als Abbild für der Zeiten Wandel,
so vielgestaltig bunt wie mein Gewand!
Ein Spiel soll jetzt beginnen aus Kastl`s großer Zeit
von edler Rittertreue, aber auch von Zank und Streit
Wir schauen heut zurück gar viele hundert Jahr,
als König Ludwig der Bayer noch Herr im Nordgau war!
Er war ein weiser Herrscher und auch ein Kriegersmann.
Ihm treulich stets zur Seite sein tapfrer Schweppermann!
Der Handel, den ich beginne, er ist ernst - und nur,
um Euch nit gleich zu hart zu schrecken,
spring ich voran! Seht dort in meiner Spur
folgt jetzt ein anderer - bereit , die dürre Hand zu recken
nach jedermann - ob jung, ob alt,
ob reich, ob arm - von heißen Herzen, oder berechnend kalt!
Seht hin Gevatter Tod ist auf der Reise! -
Nehmt euch in acht - er schreitet leise -
der Gottesbote Tod, der, wen er stumm berührt,
unweigerlich vor seines Herren Thron hinführt!
Während der Tod in weitem, schwarzen Mantel langsam hereinschreitet, enteilt der Narr mit hastigem Sprüngen.
-2-
TOD (ernst, traurig)
Rastlos muß ich durch die Lande ziehen.
Hilft kein Bitten, Barmen Fliehen,
Wem mich Gottes Wort gesandt
rühr ich an mit kalter Hand -
schlägt kein Herz in meiner Brust,
fühl kein Schmerz und spür kein Lust!
Er stellt sich unter einen Busch und hüllt sich in seinen Mantel.
Aus der Kirchenpforte links erscheint der Zug der Novizen und überquert die Bühne.
Prior Ulrich und Novizenmeister Hermann, der spätere Abt treten aus der Kirchentüre.
PRIOR ULRICH
Der Vater Abt will heut schon wiederkommen. Er glaubt, daß des Königs
Vergleich mit dem Nürnberger Burggrafen rasch gedeiht. Auch König Ludwig
hat als Gast sich angesagt zur Jagd. Ein paar Tage will er sich ausruhn hier,
bei Frau und Kind verweilen.
PATER HERMANN
Das sei ihm so gegönnt wie ihr.
Frau Beatrix ist wohl ein höficher Vergnügen gewohnt als die Gesellschaft
unserer biedren Nordgauedelfrauen. Frau Kathrein hat nit viel Sinn für Sai-
tenspiel und Stickerei.
PRIOR ULRICH
Ja, unsres Feldhauptmanns Gemahlin ist nicht für Verse und fürs Lauten-
schlagen. Die kümmert sich um Küch und Keller, ihr Mannsleut Wams und
warmes Unterzeug.
Als Ihr neulich abends aus der Chronik unsres Kloster laset, hat sie nicht
einen Augenblick mit Stopfen eingehalten, an des Junkers Hartung zerrissener
Hose.
PATER HERMANN
Kann ihr nicht böse sein deswegen! Hängt viel an ihr!
Auch kann ein jeder nicht der Poesie und Kunst ergeben sein.
Von rechts stürmt eine Schar herumtollender Ministranten herein, gefolgt von Pater Ignaz.
Sie bemerken die beiden Mönche und geben ihnen die Hand mit dem Gruß
Laudate Jesum Christum!
PRIOR ULRICH UND PATER HERMANN
In aeternam!
PATER IGNAZ (entschuldigend)
Den ganzen Tag nur Dummheiten im Kopf, die brauchen darum eine feste Hand!
-3-
PATER HERMANN
Pater Ignaz, denkt daran, wie ihr selber seid gewesen!
PATER PRIOR
Wie lange ist das her, daß wir selber so gewesen.
PATER HERMANN
Ja, an den Kindern sehen wir, wie schnell die Zeit verrinnt.
(beide gehen ab)
Man hört die Reigenmädchen lachen, singen, sieht sie kurz, wie sie Fangeles spielen.
Auftritt Edelfräulein und Prinzessin Anna. Die Kleine hat die Kinder ebenfalls gehört und
will so schnell wie möglich zu ihnen.
EDELFRÄULEIN
Halt, nicht so stürmisch, kleine Prinzessin. Laß mich erst Deine
Schuh festbinden.
PRINZESSIN
Mach schnell, bitte!
EDELFRÄULEIN
Nicht so ungeduldig, Anna. Du weißt, Du sollst eh nicht so viel rennen.
Die Reigenmädchen haben inzwischen mit ihrem Tanzspiel begonnen.
Ringelringelreihen,
gar schön ist es im Maien,
ringelringel Rosenkranz
gar lustig ist der Reihentanz!
Auseinander, husch, husch, husch,
duckt euch unterm Haselbusch!
PRINZESSIN
Aber schau, mittanzen werd´ ich ja wohl dürfen. Heute bin ich gar nicht müde.
EDELFRÄULEIN
Und wohl auch gar kein bißchen hungrig? (reicht ihr einen Apfel)
PRINZESSIN
Doch. beißt ab
EDELFRÄULEIN
Das wird den König freuen, Dich so zu sehen.
PRINZESSIN
Mutter sagt, er kommt vielleicht schon heut´?
-4-
EDELFRÄULEIN
Und bleibt für eine Weile da!
PRINZESSIN
Wie ich mich freu´- hier, halt mal. (Reicht dem Edelfräulein den angebissenen Apfel)
Kinder, laßt mich mitmachen!
KINDER
Die Prinzessin will mitspielen!
PRINZESSIN
Oh ja bitte, bitte!
1. MÄDCHEN
Komm her, Prinzessin Anna!
2. MÄDCHEN
Tanz mit uns!
PRINZESSIN
Ringelringelringelspiel
es blühen holde Blumen viel,
ringelringel immerzu,
das schönste Blümlein das bist du!
ALLE
Ringelringelringelspiel
es blühen holde Blumen viel,
ringelringel immerzu,
das schönste Blümlein das bist du!
Auseinander husch husch husch
duckt euch unterm Haselbusch
ALLE
Ringelringelreihen - gar schön ist es im Maien!
Ringelringel Rosenkranz, gar lustig ist der Reihentanz!
Ringelringelreihen - gar schön ist es im Maien!
Ringelringel Rosenkranz, gar lustig ist der Reihentanz!
Auseinander husch husch husch
duckt euch unterm Haselbusch!
Auch die kleine Prinzessin läuft mit und drückt sich unter dem Busch, darin der Tod steht.
Der Tod schlägt den Mantel auf und berührt mit der Hand den Scheitel des Kindes.
TOD (tritt zur Prinzessin)
Gott weiß, warum er mich zu dir schickt.
Warum er so jung dich holt zurück.
Du magst wohl fröhlich mit mir gehn -
im Himmel wirst du aufersteh´n (Tod geht langsam ab)
-5-
Anna hustet, bricht zusammen
PRINZESSIN
Mutter, Mutter, ........ bitte hilf´ mir .....
Das Edelfräulein läuft zu Anna hin
EDELFRÄULEIN
Meine kleine Prinzessin, was ist mit Dir? ... Bitte -
so sag´ doch ein Wort.
Sie ist so blaß, um Gottes willen, es ist ihr doch kein Leid geschehen....
Zu Hilfe, Frau Kathrein....
Sie eilt mit dem Kind auf dem Arm ab.
DIE KINDER (alle durcheinander)
Was hat sie bloß?...
Die Prinzessin ist krank...
Mich friert.
Ich mag nicht mehr weiterspielen.
Gehen wir nach Haus.
Kinder ab.
2. Auftritt
Hornrufe. Geleitet von Knappen und Jägern treten auf König Ludwig, Seyfried Schweppermann, der Abt Siboto von Haintal.
KÖNIG LUDWIG
So kann man doch vergnügte Einkehr halten! Der Hohenzoller ist zufrieden
und uns Freund geblieben.
HERR SEYFRIED
Gott sei´s gedankt. Und jetzt vergeßt einmal den Zank und Streit, mein
königlicher Herr. Politica ist gar ein häßlich Weib! Anmaßend eingebildet,
voller Selbstsucht frißt sie die Menschen auf zum Zeitvertreib! Hier könnt Ihr
ohne Sorge sein, hier seid Ihr bei den Euren.
ABT SIBOTO
Da sprecht ihr ein rechtes Wort, Herr Feldhauptmann.
König Ludwig, seid willkommen hier zu Kastl, fühlt Euch wie im eignen Haus!
-6-
KÖNIG LUDWIG
Habt Dank, frommer Vater! Ich kann Euch gar nicht sagen, wie ich mich freue,
endlich hier zu sein. Den ganzen Herweg schon sprach ich zu Schweppermann
von Frau und Kind....
Sie werden unterbrochen durch den Auftritt des Priors und des späteren Abts Hermann, im Gefolge die Benediktinermönche der Abtei, die den Ankömmlingen entgegentreten.
PRIOR ULRICH
Willkommen zu Kastl, königlicher Herr!
Ave, Pater Abbas
Gott zum Gruß, Herr Feldhauptmann.
KÖNIG LUDWIG
Dank, Prior Ulrich, Dank!
Doch sagt, was ist mit Euch?
PRIOR ULRICH
Mein König, nehmt euer Herz fest in die Hand.
Ein dunkler Geist ist schneller geeilt, als alle Boten und Reiter.
Er ist vor Euch hier eingekehrt, hat einer Mutter tiefstes Leid
und Trauer einem ganzen Land gebracht.
Mein König- Eure Tochter, die Prinzessin...
KÖNIG LUDWIG
Mein Ännlein, mein Kleines, was ist mit ihr?
HERMANN
Gott möge Euch trösten, mein König.
Sie ist tot. Pause
KÖNIG LUDWIG
Warum sendet der Himmel eine solche Strafe? Pause
Wo find´ ich sie? Laßt mich allein.
Ich will noch einmal zu ihr gehen, will sie in meinen Armen halten.
PRIOR ULRICH
Es gibt kein Wort, das Euch zum Trost gereichte. Doch denkt
auch daran, daß Eure Frau, die Königin, jetzt Euren Beistand braucht.
KÖNIG LUDWIG
Habt Dank, ehrwürdiger Vater, Ihr tut Recht, mich zu gemahnen, den tiefen
Schmerz mit ihr zu teilen. Komm Seyfried, begleite mich auf diesem schweren
Gang.
Während sie ins Klostergebäude gehen, fängt das Sterbeglöcklein an zu läuten.
-7-
II. AUFZUG
1321
Über die Bühne tollt mit lustigen Kapriolen
DER SCHALKSNARR
Ei, liebe Leut´,
er hat Euch nit vergrault, der dürre Knochenmann?
Er ist nicht angenehm zu schaun für jedermann!
Geld und Gut - nichts helfen tut!
Er kommt bei Tag, zur Nachtzeit wie ein Dieb,
ganz gleich, ob es dir leid sei oder lieb.
Was schwatz ich da und tu gescheit -
ich änders nit! Das Königskind ist jäh dahingefahren.
derweil verrann gar schnell die Zeit.
Merkt auf, was sich begibt nach zween Jahren!
Lehenstag - Zwischenszene
Lehenstag
Marktbürger und Marktbürgerinnen mit ihren Lehensgaben.
Pater Johannes dirigiert die Fraters aus dem Refektorium raus mit Stehpult,Tinte und Feder.
Zuletzt kommt Pater Ignaz mit einem großen Buch.
PATER JOHANNES
So macht doch Platz, ihr guten Leut. Stellt Euch in eine Reih, ihr werdet
einzeln vorgerufen. Ihr Fratres sehet zu, daß ihr Ordnung schafft.
FRATER SEVERIN
Der Lehenstag - ein Freudentag fürs Kloster?
Erst mal steht uns wohl Ärger bevor.
FRATER CORBINIAN
Bis der Lehensstadel gefüllt ist, ist es noch ein gutes Stück Arbeit.
PATER JOHANNES
Pater Ignaz, ich mein wir können jetzt beginnen.
PATER IGNAZ
Lehensbauer Sebastian Coberger tretet vor. Ein Gulden, fünf Kreuzer.
Habt ihr euer Sach?
-8-
COBERGER
Ja, ehrwürdiger Pater. Ein Gulden, fünf Kreuzer.
PATER IGNAZ
Ihr könnt den Hof auf ein weiteres Jahr bewirtschaften.
Gehe er in das Refektorium. Dort erhält er Speis und Trank
und Unterweisung für das nächste Jahr.
COBERGER
Zu gütig, ehrwürdiger Pater.
PATER IGNAZ
Als nächstes ruf ich auf die Lehensbäuerin Margareta Lutherin.
Ein Kalb und zwei Scheffel Korn sagt das Verzeichnis.
LUTHERIN
Mit Verlaub - die Ernt war schlecht, ein trächtig Kuh ist
verkommen. Ich kann nur ein Scheffel Korn bringen.
PATER IGNAZ
Vom Jahr vorher stehen auch noch Dinge offen. Wie stellt sie sich das vor?
LUTHERIN
Habt Nachsicht und gewähret einen Aufschub,
beim nächsten Lehenstag will ich die gesamte Schuld begleichen.
PATER IGNAZ
Zwei Scheffel Hafer noch dazu als Strafe. Und denk daran, ein weiteres
mal kann es kein Nachsehen geben.
LUTHERIN
Zu gnädig, ehrwürdiger Pater. Habt Dank
PATER IGNAZ
Lehensbauer Ulrich Eytlberger?
EYTLBERGER
Jawohl, hier ehrwürdiger Pater. Zuzüglich der jährlichen Gabe an Getreide
bring ich Euch heute, wie gefordert, auch drei Stück Federvieh.
PATER IGNAZ
Fratres, bitte helft, die Dinge wegzuschaffen.
FRATER SEVERIN
Ja, ja, ich komme schon.
PATER JOHANNES
Wer ist als nächstes dran?
-schaut ins Buch und winkt einen Lehensbauern heran. Die Szene geht stumm weiter-
-9-
1. Auftritt
Katharina Schweppermann und ihre Tochter Anna kommen aus dem Gebäude rechts.
Das Fräulein trägt einen Kranz.
FRAU KATHREIN
Auf den Tag genau zwei Jahr´ ist´s her, daß die Prinzessin in unsrer Kirche
ihre frühe Ruhestatt gefunden hat!
ANNA
Ob er heuer wieder nicht kommt, der Herr König?
Hätt schon mal den Weg finden können zum Grab seiner Tochter!
Unser Vater wär gewiß hergeritten, wenn ich dort drinnen läg!
FRAU KATHREIN
Ach, Kind, was weißt du schon von den Männersleuten. Was uns wert
scheint, gilt ihnen noch lang nicht so wichtig wie ihr eigen Tun und Wesen.
Als hing der Lauf der Welt allein von ihren Händeln ab!
Wenn sein König ruft, rennt auch der Schweppermann ans End der Welt,
vergißt Frau und Kind und Haus und Hof.
ANNA
Geh´ Mutter, als des Königs Feldhauptmann kann er nit wegreiten, wie
er alleinig will!
FRAU KATHREIN
Blas Du mir auch noch in dies Horn! Wirst es schon auch noch spüren, wie es
ist, auf einem Burgstall sitzen, derweil der Deinige hinter wer weiß was für
einen Herrn in der Weltgeschichte herumreitet.
ANNA
Heut seid Ihr aber ungut auf die Männersleut zu sprechen! Seid dem König
wohl bös, daß er den Vater so lange forthält von daheim!
FRAU KATHREIN
Die beiden könnt man nicht schöner zusammenspannen, den Herrn König
und seinen Feldhauptmann!
HARTUNG
Frau Mutter, Anna, ein Reiterzug kommt eben den Berg herauf - ist schon am
äußeren Tor - ich glaub´, der Vater kommt mit dem Herrn König!
FRAU KATHREIN
Bub, wenn Du mich narrst -
-10-
Hinter der Szene Hörnerrufe. Tochter läßt den Kranz fallen und umarmt die Mutter.
ANNA
Frau Mutter, sie sinds - das ist der Königsruf -
HERMANN (der zukünftige Abt)
Hoher Besuch, Frau Kathrein - unser Herr - er hat den Jahrtag nicht vergessen!
Die Tochter hebt den Kranz wieder auf. Die Mutter und ihre beiden Kinder schauen erwartungsvoll nach links, von wo erscheinen König Ludwig (im leichten Jagdgewand), Seyfried
HEROLD (zu Pferd)
Der König kommt!
KÖNIG LUDWIG
Gott Grüß euch, Frau Gevatterin! Ich bring Euch Euern Ehemann! - Mein treuer
Feldhautpmann hat längst verdient, daß er zu Haus der Ruhe pflegen darf und
Eurer Sorg genießt.
FRAU KATHREIN
Die Ansicht dank Euch Gott, Herr König! Ich fürchte nur, daß er nit lang
daheim wird bleiben!
KÖNIG LUDWIG
Da müßt Ihr mit ihm selber reden! Er wird des Diensts nie müde - und ihr wißt,
solch treue Freunde, wie er sind selten! Dich werd´ ich nicht im Wege stehen,
so er für eine Weil will Urlaub haben.
SEYFRIED
Ei, Kathrein, was sorgst Dich schon ums Morgen und ums Abschied nehmen,
da ich noch kaum gekommen bin? Laß dich nur erst begrüßen!
Er schließt sie in die Arme und wendet sich dann zur Tochter:
Und nun zu Dir mein kleiner Spatz. Schaust wie ein Apfel aus, frisch und
gesund und gleichst der Mutter, wie sie früher war!
ANNA
Lieber, lieber Vater, ich bin so froh, daß Du wieder einmal bist heimgekommen.
SEYFRIED
Schon gut mein Kind! Was ist das für ein Kranz?
ANNA
Der Kranz für unsres Königs totes Kind - ist doch der Jahrtag heut, da Gott
die kleine Anna hat heimgerufen. Herr König - vielleicht mögt Ihr den Kranz
ja selbst zu dem Prinzeßlein bringen.
Sie hält dem König den Kranz schüchtern hin.
-11-
KÖNIG LUDWIG
Du liebes Kind - ich dank Dir! Du hast recht. Mein erster Gang soll zu der
kleinen Anna Grabstatt sein!
zum Gefolge gewandt
Verzeiht, Ihr edlen Herrn und Frauen, gönnt der lieben Toten, daß sie den
Vorrang hat vorm Leben!
Schweppermann mit seiner Gattin und den Abt mit einer Geste zum Mitkommen einladend:
Entschuldigt mich für eine Weil!
Er begibt sich in die Kirche. Schweppermanns Familie (außer Anna), der Abt Siboto und Pater Hermann folgen ihm.
Trautwein tritt auf
ANNA
Trautwein, wie schaust Du denn drein? Ist Dir des Teufels Großmutter über
den Weg gelaufen?
TRAUTWEIN
Ich schau nicht finster - mit Verlaub - nur traurig mein gnädig Fräulein!
ANNA
"Mein gnädig Fräulein"! Ist das die Klosterbildung, Herr Scholar! Als ob ich nicht
immer noch die Anna wär für dich und du für mich der Trautwein - trotz deiner
schwarzen Schülerkutte -
TRAUTWEIN
Das ist vorbei! Ich bin ein Klosterschüler nun und soll ein Mönch einst werden!
ANNA
Wenn du darum traurig bist: Warum änderst du´s dann nicht?
TRAUTWEIN
Wie sollt´ ich´s ändern? Als Waise steh´ ich da - muß ich nicht froh sein um den
Unterschlupf im Kloster?
ANNA
Bist mir ein schönes Mannsbild, du! Hab mir gedacht, dich drängt dein
Herz in Gottes nächste Nähe!
TRAUTWEIN
Der Herrgott mags verzeihn - ich dient ihm lieber mit dem Schwert - im
Kampf gegen Unrecht und Gewalt - als in der Kutte da mit Federkiel
und Psalmensingen!
-12-
ANNA
Trautwein - was hast du dir kein Herz genommen und tust, wonach es dich
im Innern drängt! Ich könnte mir ein Leben nicht in des Klosters Abgeschie-
denheit und Stille denken!
TRAUTWEIN
Wer soll mir helfen und wem sollt ich´s sagen?
ANNA
Der Vater Abt, der hat ein offenes Ohr für eines jeden Not! Geh hin, zu ihm, und
beicht ihm deinen Kummer. Trautwein, noch ist es nicht zu spät.
TRAUTWEIN
Anna, ich danke dir - du machst mir Mut.
SEITZ
Sieh, der künftige Prälat!
HARTUNG
Wie gehts im Kirchenchor und in der Schreibstub, Zierde der Klosterschule,
künftiger Herr Kanzler?
TRAUTWEIN
Ihr habt leicht spotten! Möcht wissen, wies Euch zu Mut wär, stektet Ihr in
meiner Haut und müßtet auf der Schulbank schwitzen, statt Euch im Waffen-
spiel zu üben und frei zu reiten über Feld und Flur!
SEITZ
He Trautwein - das klingt nicht sehr nach Demut und Ergebung in die
fromme Klosterzucht!
TRAUTWEIN
Ach, Seitz kann man mit Dir auch etwas mal im Ernst bereden? Ich taug´
nicht in den Dienst des Klosters - hab viel zu viel mit Euch herumgetobt -
gejagt, gefochten und - geh wie es will - ich halts im Kloster nimmer aus!
Kannst Du nicht Deinen Vater fragen, ob er mich nicht als Knappen nähme?
- Nichts tät ich lieber, als dem tapfren Schweppermann zu dienen.
SEITZ
Jetzt da schau her. Zeig, was Du kannst. Warum fragst Du ihn denn nicht
selber, wenn es Dir ernst ist?
TRAUTWEIN
Und wenn er spottet wegen des Gewandes, das ich trage? Das könnt´ ich
nicht ertragen. Tut mir den Freundschaftsdienst, ich bitte Euch!
-13-
SEITZ
Vertrau´ auf uns, Trautwein! Ich will den rechten Augenblick erspähen und
Deine Bitte vor den Vater bringen. Der Schweppermann erkennt sofort, ob
Du ein Herz fürs Kriegshandwerk hast.
OTTO
Wir reden für Dich Trautwein!
TRAUTWEIN
Ich dank´ Euch sehr und kann es kaum erwarten, in seine Dienste einzutreten.
Bleibt nur, dem Vater Abt mich zu erklären. (ab)
HARTUNG
Bleibt der Vater länger nun bei uns?
SEITZ
Glaub schon - doch frag ihn lieber nicht, warts ab! Er ist nicht guter Laune!
Er hat des Böhmen Johann Gesandten grob angeredet. Der König hat ihn
zurechtgewiesen, er braucht den Wenzel zu nötig in dem Spiel um die Krone!
OTTO
Daß Gott erbarm! Jetzt zieht sich dieser Kampf schon sechs Jahr hin! Warum
will Friedrich der Schöne sich nicht zufrieden geben? Macht unserm König
mehr denn je die Krone streitig, obwohl der Österreicher bei der Wahl ihm
unterlegen ist!
SEITZ
Meint halt, Habsburg hätt Kron und Zepter schon in Erbpacht!
OTTO
Dem ist der Kamm gar sehr geschwollen und die Kurie in Rom tut alles um
den Streit zu schüren! Sie stützt den Habsburger wo sie kann!
SEITZ
Das weiß der Johann ganz genau, als mächtigster Vasall auf unsres Herren
Seite.
OTTO
Das ist´s ja, was unserm König so viel Sorge macht! Der Böhmen und der
Polen König ist ein feurig junger Herr! Die Macht, der Glanz, die steigen ihm
vielleicht zu Kopfe! Der Vater traut ihm nicht recht!
SEITZ
Das ist das eine, aber Vater ist auch verbittert, weil König Ludwig als Herzog
Bayerns dem Böhmen die Reichsstadt Eger und die Ämter Floß und Parkstein
zu Unterpfändern zugesprochen hat. Stell Dir nur vor, die Pfandschaft wird
nicht rechtzeitig mehr ausgelöst - der Bruderkampf mit Österreich verschlingt
des Königs und des Reiches Einkunft! Dann sitzt der Böhm im Nordgau!
-14-
OTTO
Das möchte ihm so passen! Da könnts ihn leicht nach mehr gelüsten!
Am Ende möchte er den ganzen Nordgau wohl verschlingen!
HARTUNG
Dann wären wir ja böhmisch statt bayrisch! Das wird der Vater nicht ertragen.
SEITZ
Sei Gott davor! Soweit ists doch noch nicht! Da reden wir auch ein
Wörtchen mit!
Der König kommt mit seiner Begleitung aus der Kirche
KÖNIG LUDWIG
(zum Abt Siboto)
Ehrwürdiger Vater, gewaltger Abt von Kastl, daß Ihr in Eurem Heiligtume
meiner Tochter Anna letzte Ruhestadt und Heimat habt gewährt, verpflichtet
mich zu ewger Dankbarkeit. Zum Zeichen dessen stift ich einen Jahrtag, an dem
das Kloster der Prinzessin im Gebet gedenke. Ich sprech den Ulrich Scherub zu
Ransbach frei mit Weib und Kind! Dafür soll er alljährlich drei Schilling langer
Solidi und eine halben Schilling Regensburger Denar an den Abt zu Kastl ent-
richten. Unser Feldhauptmann, Herr Seyfried Schweppermann, seis Zeuge! Noch
vor dem Wegritt wird der Stiftungsbrief gefertigt und gesiegelt!
ABT SIBOTO
Dank, Herr König! Wir durften stets zu Kastl uns Eurer besondren Huld und
Gunst erfreuen. Hat das Kloster bisher schon sein Gebet für Euer Töchterlein
geopfert, so wird es dies noch eifriger in Zukunft tun! Damit des Hergotts
Gnade Euch stets begleite und beschütze, schließen wir unsren gütgen Schirm-
herrn in das Gebet mit ein.
KÖNIG LUDWIG
Das tut uns not, ehrwürdiger Vater Abt! Noch nie war unsrer Gegner Macht
so stark. Der Einfluß Habsburgs mehret sich von Woch zu Woch! Gott geb´s
daß es gelinge, den Luxemburger ganz für unsre Sach zu gewinnen! Wir
ziehn von hier nach Eger, uns mit Johann von Böhmen fester zu verbünden!
SCHWEPPERMANN
Da schütz Euch Gott, mein königlicher Herr! Der Luxemburger hat in
Böhmen und Polen allerlei gelernt! Kriegt nie genug! Der möcht am
liebsten unsern ganzen Nordgau an sich reißen!
KÖNIG LUDWIG
Ich weiß, Feldhauptmann, das ist Dein Kummer! Du sorgst Dich nicht zu
Unrecht; doch habe ich König Johann in Frankfurt bei der Wahl das Eger-
land verpfändet, die Ämter Floß und Parkstein! Ich muß zu dem gegebenen
Worte stehn!
-15-
SCHWEPPERMANN
Gott seis geklagt! Ich seh ein Stück ums andre in die weite Tasche Böhmens
wandern! Herr Johann verstehts zu handeln.
KÖNIG LUDWIG
Was ich versprochen, einzig als Pfand erhält er, keine Hube mehr! Ich muß
den Böhmenkönig fest an unsre Sache binden, du weißt die Not.
SCHWEPPERMANN
Leider! Ich traue dem Böhmen aber nicht!
KÖNIG LUDWIG
Kenn schon das Lied, mein wackrer Seyfried! Hast mir ja mit Deiner geraden
Offenheit den Böhmen schier vergrämt. So freundlich wie du warst zu seinen
Abgesandten! Du machst Dir´s leicht! Ich wollt´ ich könnt´ auch immer tun und
reden wie ich möcht´! In Kampf und Schlacht, bist du der rechte Mann. Doch auf
dem glatten Boden höfischer Verhandlung ist Dein schlichter gerader Sinn von
Nachteil, lieber Seyfried.
SCHWEPPERMANN
Ich versteh Euch wohl, Herr König! Kann mich nicht anders machen als ich
bin - wie unsres Nordgau herber Boden!
Der Eure bin ich mit Haut und Haar. Doch für die Fahrt nach Eger taug ich
nicht, ich weiß. Da bin ich nur im Wege. Wenn Ihr mich denn beurlaubt, Herr,
will ich derweil zu Hause nach dem Rechten schauen!
KÖNIG LUDWIG
So soll es sein! Gib mir den Otto mit auf die Fahrt, ich mag nicht reisen ohne
einen Schweppermann! Und wenn es an der Zeit ist, daß das Schwert entscheide,
werd ich Dich rufen, daß Du mir in alter Treue zur Seite stehest, wie einst bei
Gammelsdorf! Das bleibt Dir unvergessen!
SCHWEPPERMANN
(Der Sohn tritt herzu)
Otto! Der König will gen Böhmen ziehen! Du sollst an meiner Stelle mit ihm
reiten im Gefolge!
OTTO
(freudig)
Welch hohe Ehr! Dank Euch, Herr König! Ich werde meinem Vater keine
Schande machen und will getreulich Euch zu Diensten sein, wie er es immer
tat, so gut ich es vermag!
KÖNIG LUDWIG
Des bin ich sicher! - Wärst ja sonst kein Schweppermann!
OTTO
Herr Vater, wenn ihr mich entlaßt - ich wüßt Euch einen, der liebend gern
mein Nachfolg wär!
-17-
SCHWEPPERMANN
Schau da - wer wartet schon darauf?
OTTO
Der Trautwein Aystett, Herr Vater
Anna, Hartung, Seitz treten hinzu
Ja, der Trautwein
SCHWEPPERMANN
Das Schreiberlein? Den Singeknaben soll ich als Knappen nehmen? Hat sich
dem Kloster doch verschrieben?
OTTO
War immer unser Spielgenoß! Möcht´ lieber mit Dir reiten, als dem Kloster
dienen!
ANNA
Der kann schon mehr als singen noch und schreiben!
SCHWEPPERMANN
(zur Tochter)
Jetzt redet die Tochter auch schon drein in Mannsleutfragen?
Ist´s an der Mutter nicht genug?
KÖNIG LUDWIG
(zu Anna, lächelnd)
Auf so wackre Fürsprach würd´ ich hören! Man soll nicht hart verstoßen, was
das Herz anbietet!
SCHWEPPERMANN
Wenn Ihr denn meint, so will ich mit dem gnädigen Herrn Abt reden. Er mag
über seinen Schüler befinden.
ANNA
Dank, Herr König, Dank lieber Vater!
KÖNIG LUDWIG
Anna? - Mich dünkt des jungen Aystett Wohlergehen liegt dir sehr am Herzen!
ANNA
Hat Vater nicht und Mutter mehr - und möcht nicht geistlich werden! Würd´
lieber reiten!
KÖNIG LUDWIG
Ehrwürdiger Vater Abt, was sagt Ihr zu der Bitte?
-18-
ABT SIBOTO
Er taugt eben nicht ein jeder für des Herren Weinberg als ein Priester! Muß
auch Weltleut geben! Wenn´s ihn drängt, der junge Aystett mag in Herrn
Seyfrieds Gefolge wohl ein wackrer Ritter werden, das ist besser als ein
unberufner Mönch.
ANNA
(küßt ihm die Hand)
Oh Vater Abt, Ihr habt ein gütig Herz!
SCHWEPPERMANN
Da komme ich zu einem Knappen, ohne daß ich einen Finger rühr! Mir scheint,
die junge Brut ist besser in der Diplomatenkunst zu Haus als ich!
Alle lachen
KÖNIG LUDWIG
Diplomaten hab ich genug - Feldhauptmann nur einen.
KLOSTERBRUDER
Das Mahl ist angerichtet, ehrwürdiger Vater!
FRAU KATHREIN
Der Vater bleibt zu Hause! Endlich hab ich ihn wieder! Was kümmert
mich des Königs Reiten und ewig Streiten!
SCHWEPPERMANN
Ihr werdet nie vergebens rufen, Majestät! Der Seyfried Schweppermann, die
seinen und der ganze Nordgau wird stets auf Eurer Seite sein! Da braucht es
kein Versprechen und Verhandeln! Treu bayrisch stehn wir zu unserm Herzog,
unserm König Ludwig!
ALLE
So ist´s, wir stehn zu unserem Herzog, unserm König Ludwig.
KÖNIG LUDWIG
Die Treue lohnt euch Gott!
ABT SIBOTO
Herr König - eh Ihr reitet - im Refektorium steht die Mahlzeit schon bereit!
KÖNIG LUDWIG
Sei´s denn Ihr Herren, und ihr edlen Frauen. Laßt uns die gastlich zugedachte
Speis in Dankbarkeit genießen und frohe Mahlzeit halten.
-19-
III. AUFZUG
1322
1. Auftritt
SCHALKSNARR
Oh, seht´ nur Leut´ in welcher Laune
der Beurlaubte zu Hause weilt,
und wie vergnügt mit Frau und Kind
das Leben teilt...
Dem Schweppermann ist´s ganz schön arg,
daß er nicht neben seinem König reiten darf.
Er kommt sich alt und überflüssig vor.
Da klopft ein Fremder an das Tor.
Versteckt im Pilgerkleid, ein Bote im Geheimen,
versucht er Seyfried mit König Friedrich zu vereinen.
Doch Ihr werdet sehen, die Intrige wird nicht glücken.
Und schon läßt König Ludwig nach ihm schicken.
SCHWEPPERMANN
Das hab ich nun auf meiner Tage Abend. Jetzt, wo´s um die
Entscheidung geht, sitz ich wie ein Greis zu Haus, derweil die Jungen
mit dem König reiten, Deutschlands und unsres Reiches Sache zu
entscheiden!
FRAU KATHREIN
Mein alter Hitzkopf! Sei doch froh, daß Du jetzt endlich Ruhe hast!
Hast schon bei Gammelsdorf genug getan. Der König hat wohl andre
noch; die sollten auch das ihre tun! Mir ist es lieber, Du behältst daheim
die Knochen heil!
SCHWEPPERMANN
Das sagt sich leicht! Was ihr Frauen schon davon versteht! Diesmal geht´s
ums letzte Wort! Dem Sieger bleibt der Königsthron. Ihm kann die Kaiser-
krone des heiligen römischen Reiches vom Papst nicht länger mehr versagt
werden! Es muß doch mal ein Ende haben mit dem Zwiespalt und endlich
unsres Herren Recht zum Siege kommen!
FRAU KATHREIN
Und Du mußt unbedingt dabei sein? Die Unsern werden den Streit gegen
die Habsburger auch ohne Dich bestehen! Das Recht ist doch auf ihrer Seite!
-20-
SCHWEPPERMANN
Ach, was. Nur wer die Macht hat, hat das Recht: Herr Ludwig braucht den
letzten Mann. Es steht nicht allzugut um unser Heer!
FRAU KATHREIN
Jetzt gib doch Ruh! Der König hätt dich längst gerufen, wenn er Dich nötig
hätt! Muß auch zu Haus wer sein! Mir langt vollauf die Sorge um die Buben.
KLOSTERBRUDER
Verzeiht die Störung! Edler Herr, ein Pilger fordert Euch zu sprechen.
SCHWEPPERMANN
Ein Pilger?
KLOSTERBRUDER
Er gab sich nicht zu erkennen - doch scheint er mir sehr sonderbar.
SCHWEPPERMANN
So führt ihn her!
Der Klosterbruder eilig ab.
SCHWEPPERMANN
Ein Pilger - (steht auf) - hätt´ eher auf einen Reitersmann gewartet aus
dem Königs Lager -
Während der Pilger erscheint, geht sie ab.
FRAU KATHREIN
Ach Mann, den ganzen Tag hast du die Sorge um den König nur im Kopf.
Als ob´s nichts anderes gäbe auf der Welt.
PILGER
Ihr seid Herr Seyfried Schweppermann?
SCHWEPPERMANN
Noch immer!
PILGER
Sind wir hier unbelauscht? Ich hab geheime Botschaft zu bestellen!
SCHWEPPERMANN
Geheime Botschaft? Von wem?
PILGER
Herr Seyfried, ich trau als Bote auf mein Pilgerkleid und auf Euer
Ritterwort für frei Geleit!
SCHWPPERMANN
Soll gelten! Sprecht endlich!
-21-
Der Pilger schlägt den Mantel zurück und zeigt sich als Ritter.
PILGER
Kurkölnisch bin ich, des Königs Friedrich und seines Kanzlers Bote!
SCHWEPPERMANN
Kenn keinen König Friedrich! Herr Ludwig ist mein König!
Mit Habsburg hab ich nichts zu verhandeln!
PILGER
Ich weiß, Ihr steht in Herrn Ludwig des Bayern Dienst! Doch wartet ab
und laßt mich reden erst, bevor Ihr urteilt und mit das Gehör verweigert!
SCHWEPPERMANN
Macht´s kurz!
PILGER
Ihr wißt, selbst Niederbayerns Herzog, Herr Rudolf, gab seine Stimme meinem
Herrn! Sechs Jahre währt der Streit nun um die Krone! Das Reich muß drunter
leiden! Seit Wochen liegen die beiden Heere jetzt sich gegenüber. Herr Ludwig
ist im Nachteil, sein Gefolge ist kleiner als das Unsrige. Es zieht, um unsre
Übermacht noch zu erhöhen, Herzog Leopold aus Schwaben seinem Bruder
Friedrich zu!
SCHWEPPERMANN
Und unsre Hauptmacht rückt heran aus Böhmen zu König Ludwig´s Lager.
PILGER
König Ludwig hat dem Böhmenkönig das Egerland verpfändet. Der Nordgau ist
von der Böhmen Macht bedroht! Auch Österreichs Herren, König Friedrich und
Herzog Leopold erseh´n mit Sorge des Böhmen große Hausmacht. Ihr steht nicht
auf der rechten Seite mehr, Herr Seyfried! Wenn König Ludwig siegt, wär´s nur
des Böhmen Nutzen. Auf Eure Einsicht hoffend, sandte mich mein Herr - er ruft
den Nordgau auf seine Seite - Herr Friedrich weiß zu lohnen! Ihr sollt als künfti-
ger Landgraf auf dem Nordgau die Nordgauritterschaft auf König Friedrichs
Seite führen!
SCHWEPPERMANN
Herr - das ist Hochverrat, was Ihr mir ansinnt -
PILGER
Zum Wohl des Deutschen Reiches dient´s, mich dünkts, des Nordgaus Sache
gegen Böhmen! Bedenkt, die Landgrafschaft bleibt erblich Eurem Haus! Ihr
habt doch Söhne!
SCHWEPPERMANN
Hol Euch der Teufel! Mit glatten Worten sucht Ihr mich zu beschwätzen, nach
Satans Art! Ich bin des Königs Ludwigs Mann. Er wird den Nordgau an Böhmen
-22-
nicht verraten. Eger ist nur als Pfand gesetzt. Er hat mir´s selbst versprochen.
Wenn dieser schändlich ungerechte Streit zu Ende ist, wird König Ludwig das
Pfand aus lösen; denn Eger ist des Reiches! Niemals hat er´s als Lehen König
Ludwig zugesprochen - als Pfand alleinig -
PILGER
Das wird den Böhmenkönig wenig kümmern! Hat er´s nur erst - läßt er´s nicht
mehr aus seinen Klauen! Der Löwe Böhmens ist nicht so leicht satt! Euch ist er
auch nicht wohlgesonnen! S´ist Euer Vorteil nur, wenn Ihr Euch stellt auf Fried-
richs Seite! Was er Euch bietet, hebt Euch für alle Zeit heraus!
SCHWEPPERMANN
Ich will nichts mehr hören! Stündet Ihr nicht unterm Schutze meines Worts,
Ihr könntet Euch im Turm zu Thierstein drauf besinnen, was es heißt, den
Seyfried Schweppermann an seiner Treue zu versuchen! Laßt´s ruhig meine
Sorge sein, dem Namen Schweppermann den rechten Klang zu leihen!
Sagt Eurem Herrn - der Seyfried Schweppermann hat nur den einen Wunsch,
sein Angebot ihm mit dem Schwerte heimzuzahlen!
PILGER
Das wird Euch noch gereuen!
SCHWPPERMANN(laut rufend)
He, ist hier niemand, einen Gast zum Tore zu geleiten, der abziehen will?
KLOSTERBRUDER
Was ruft Ihr Herr?
SCHWEPPERMANN
Führt diesen Pilgrim in des Klostervogtes Stube, bis man für ihn Geleit
bestimmt, daß er den rechten Weg zur Grenze finde! Sorgt auch für Speis
und Trank, wie´s einem Pilgersmann gebührt. Doch habt ein Aug auf ihn!
Während der Pilger, dem Klosterbruder folgt, stürmt der junge Trautwein herein.
TRAUTWEIN
Herr - der Ritter Konrad Rindsmaul kommt; der Junker Hartung bracht
ihn her! Botschaft vom Herrn König!
SCHWPPERMANN
Endlich - Trautwein, kümmere dich um ihre Pferde!
TRAUTWEIN
Wie Du befielst, Herr!
(geht ab, Hartung kommt)
HARTUNG
Herr Vater - der Onkel Konrad ist auf Thierstein eingeritten - ich hab ihn
hergeleitet - er bringt Botschaft vom König Ludwig!
-23-
SCHWEPPERMANN
Endlich! Geb´s Gott, daß es die Richtige ist. Hartung, hab ein Auge auf den
Pilgrim, der in des Klostervogtes Stube weilt, und laß ihn keinen Augenblick
allein, bis er Geleit erhalten hat, zur Grenze.
HARTUNG
Schon recht, Vater
SCHWEPPRMANN
Nun, Hergott, gönne mir die Gnade, laß mir den rechten Auftrag werden,
daß ich nicht tatenlos zusehen muß, wie des Königs Sache zur Entscheidung
kommt!
Konrad Rindsmaul erscheint von rechts, aus der Kirche kommt gleichzeitig der Abt Hermann, hinter ihm
Frau Kathrein und Edelfrauen mit Kindern und Klosterherren.
RINDSMAUL
Gott grüß Dich, Seyfried!
SCHWEPPERMANN
Sei mir willkommen, Schwager, was bringst du mir?
RINDSMAUL
Feldhauptmann, der König ruft Dich zum Kampfe gegen Habsburgs Heer!
SCHWEPPERMANN
Die Botschaft lohn dir Gott - hab Dank, Herr Schwager!
FRAU KATHREIN
Oh Bruder! Mußt ausgerechnet Du es sein, der mir den Seyfried wieder wegholt?
RINDSMAUL
Liebe Schwester, es wär doch auch nicht recht, wenn er nichts könnte als hin-
term warmen Ofen hocken, indes die Buben draußen die Haut zu Markte tragen
für des Königs Sache!
SCHWEPPERMANN
Du weißt doch, Kathrein, wie sehr ich all die Tage auf diesen Ruf gewartet habe!
FRAU KATHREIN
Oh Ihr Männer! Ihr seid nicht glücklich, wenn Ihr nicht das Leben und die Schanze
schlagen könnt! An besten wäre, man zöge gleich mit Euch ins Feld!
RINDSMAUL
Seid gegrüßt, ehrwürdiger Vater Abt.
-24-
ABT
Willkommen, Herr Konrad! Des Königs Ruf an unsern Freund ehrt unsern
ganzen Nordgau! Doch wollt Ihr Euch nicht erst von Eurem Ritt erholen?
An unsrem Tisch sind König Ludwigs Boten stets willkommen! Wir wollen
alle hören, was uns Herr Konrad zu berichten weiß!
VOLK
"Das wollen wir"!
SCHWEPPERMANN
Mich aber entschuldigt, hochwürdiger Herr! Ich reit zum Thierstein! Noch heute
brech ich auf, des Königs Ruf zu folgen! Er soll mich nimmer säumig finden!
SCHWEPPERMANN
(zu Rindsmaul gewandt)
Wenn Du der Gastlichkeit genug getan hast, Schwager, kommst Du nach - ein
wenig noch zu ruhn bei uns, eh wir verreiten! Dann magst Du unterwegs mir
Aufschluß geben, wie alles steht! Ich bitt Euch,
(wieder zum Abt)
spendet Euren Segen, ehwürdiger Vater, auf den Weg, daß Gott mich leite!
Und Glück mit unseren Waffen sei!
ABT
Nun zieht mit Gott und unsren frommen Wünschen! Grüßt mir den König
und alle, die getreu zu seiner Sache stehn!
SCHWEPPERMANN
Dank Euch, ehrwürdiger Vater Abt!
TRAUTWEIN
Der Pilgrim ist abgezogen, Herr! Der Junker Hartung brachte ihm zum Tor.
Zwei riesige Knechte geben ihm Geleit!
SCHWEPPERMANN
Gut! Jetzt kannst Du zeigen, junger Aystett, was an Dir ist!
Du kannst mit mir zu Feld!
TRAUTWEIN
Dank Herr! Wie könnt ich bessern Auftrag finden!
SCHWEPPERMANN
Leb wohl Kathrein. Du weißt, daß ich sofort zu meinem König muß!
Meine Tochter, leb wohl!
ANNA
Kehrt wohlbehalten und siegreich zurück, lieber Vater - und eine Bitte
versagt mir jetzt nicht: Laßt mich kurz von Trautwein Abschied nehmen!
Schweppermann und seine Tochter gehen ab.
-25-
ALLE
Glück auf den Weg, Herr Feldhauptmann Seyfried Schweppermann!
TRAUTWEIN
Jetzt endlich ist es soweit. Ich bin berufen in den Heerbann des Königs.
ANNA
Ach, Trautwein. Ich weiß, wie sehr Du Dir das gewünscht hast.
TRAUTWEIN
Bitte, Anna. Sei nicht traurig. Wir werden uns bald wiedersehen.
ANNA
Wirst Du mich auch nicht vergessen?
TRAUTWEIN
Jeden freien Augenblick werde ich an Dich denken, an Deine lieben
Worte von neulich, an Dein Haar, Dein Gesicht, Deine Augen...
ANNA
Hier nimm!
gibt ihm ein Tüchlein
Trag´s immer bei Dir, es soll helfen, daß ich wohlbehalten Dich
zurückbekomme.
TRAUTWEIN
Da habe ich so lange warten müssen, bis ich in Deinen Augen ein kleines
Zeichen Deiner Zuneigung entdecken konnte und schon heißt es Abschied
nehmen.
ANNA
Hast Du nicht am Abend noch ein Weilchen Zeit? Ich würd´ im Kloster-
garten auf Dich warten.
TRAUTWEIN
Wenn Harnisch, Rock und Schwert und Schild geprüft, so will ich´s
gern versuchen. -Ach, liebste Anna!-
FRAU KATHREIN
Anna, Trautwein! Es wird Zeit.
-28-
ANNA
Ja, Mutter, ich komm´. Liebster, auf bald!
Trautwein ab, Anna zur Mutter
ANNA
Erinnerst Dich, wie Du mir sagtest, Du wirst es auch noch spüren, wie es
ist, wenn der Deinige hinter seinem Herren in die Weltgeschichte hinaus-
reitet? Mir ist so schwer ums Herz.
-29-
IV. AUFZUG
1322
1. Szene
SCHALKSNARR
Ei, ei was für ein Schelmenspiel -
ein Reich - zwei Könige - zu wenig wie zu viel!
Die Welt- der Papst in Rom mengen sich ein.
Wer da wohl soll der Sieger sein?
Er läuft ab
Zwietracht und Not treten auf.
ZWIETRACHT
Rechts und links - Freund und Feind -
oben - unten - nie vereint -
so ists recht - kalt und heiß
streitet Euch nur um den Preis!
Niemals Frieden - Zank und Geifer
schür ich, Zwietracht, voller Eifer!
Flamm und brause, Feuerlein -
alle Welt verbrenn ich drein!
NOT
(alte Frau in Lumpen)
Du lachst und freust Dich, böse Metze,
ins Elend treibst Du uns mit Deiner Hetze!
Zwietracht Not und Tod gehen ab.
Die Menschen schlagen sich den Schädel ein;
Brandnöte flammen auf mit grellem Schein,
drin sinkt zu Asche Haus und Hab.
Der Hunger zwingt das Volk ins Grab!
ZWIETRACHT
Was kümmert mich der Menschen Leid -
ich freu mich baß an ihrem Streit -
sie raufen sich um Land und Kron
und haschen gierig Gunst und Lohn,
davon die Welt brennt lichterloh,
doch Glück und Fried sind anderswo!
Der Tod kommt langsam aus dem Hintergrund
-30-
NOT
(kreischend)
Da, schau, schon kommt der Knochenmann -
führt Deinen Reigen lachend an -
macht Halt vor Vater nicht und Sohn -
der ist des Raufens letzter Lohn!
TOD
Was habt Ihr für Gekreisch und Streit!?
Wo ich erschein, erlischt die Zeit!
Auf - hier ist nicht der rechte Ort,
gen Mühldorf geht s - packt Euch fort
(Zwietracht und Not entfernen sich)
Dem Sieger winken dort als Lohn
des Reiches Zepter, Schwert und Kron!
Drum hebt ein grimmig Tanzen an,
daran ich Lust und Nutzen han!
Die Ernte steht mir schon bereit!
Der Schnitter kommt zur rechten Zeit!
2. Szene
Frau Kathrein mit ihrer Tochter
ANNA
Was meinst Du, Mutter, wird es wohl heute zur Schlacht kommen?
FRAU KATHREIN
Woher soll ich das wissen, Kind? Die Sorge schnürt mir das Herz schier ab.
Nicht nur der Vater, jetzt stehn auch alle Söhne mit im Feld. Ging es nach mir,
gäb´s keine Kronen! Dann gäb´s auch keinen Kampf darum.
ANNA
Dann stritten sich die Menschen um was andres wohl.
Auftritt Abt Hermann mit Begleiter
FRAU KATHREIN
Ehrwürdiger Vater Abt - sagt - erreichte Euch schon eine Botschaft?
Wißt Ihr vielleicht---
ABT HERMANN
Nein, edle Frau, nicht mehr als Ihr!
-31-
FRAU KATHREIN
Das Warten frißt mich auf. Die ganze Nacht hab´ ich kein Auge zugetan,
hab´ abwechselnd mich geängstigt, dann wieder voll Vertrauen gebetet.
Zwischen Sorg und Hoffnung reißt´s mich hin und her. Darf ich Euch etwas
fragen, ehrwürdiger Vater? Ein Einfall ist mir nämlich dabei in den Sinn
geschossen. Möcht´ wissen, was Ihr davon haltet.
ABT HERMANN
Fragt voll Vertrauen immer zu!
FRAU KATHREIN
Hab´ mir gedacht, es könnten alle Edelfrauen aus dem Nordgau einen Teil
von ihrem Schmuck aufwenden und davon eine große Glocke gießen lassen
für Kastls Turm, damit sie weithin läute zum Danke für Gottes Gnade, wenn
die den Sieg uns schenkt--
ABT HERMANN
- und wenn der Herr - was seine Gnade uns ersparen möge - den Sieg versagt?
FRAU KATHREIN
Dann soll die Glocke zum Gedächtnis aller Nordgaustreiter übers Land
hinrufen, für die, die ihrem Herzog, ihrem König treu Blut und Leben
opferten, erklingen.
ANNA
Wenn sie nicht siegen, werden wenige nur wiederkehren.
FRAU KATHREIN
Daran dürfen wir jetzt nicht denken, Anna
ABT HERMANN
Quält Euch nicht, Frau Kathrein. Ein Land, das solche Frauen hat wie
Euch, mit dem wird Gottes Hilfe sein.
Man hört von Ferne Rufe und Geschrei. Otto Schweppermann tritt auf.
OTTO
Der Sieg ist unser! - Unser ist der Sieg! Mutter, liebe Mutter! Anna!
Der Vater, die Brüder, alle sind wohlauf.
FRAU KATHREIN
Gott im Himmel sei Dank, daß wir uns alle wiedersehen - ich bin so
froh und auch so stolz auch Euch!
OTTO
Auch für Dich habe ich gute Nachricht, liebste Schwester!
ANNA
Sag´ schnell: Wo ist er, wann kommt er, ist Trautwein ganz gesund?
-32-
OTTO
Der ist ganz munter, Schwesterlein! Hat eine Schramme nur am Arm,
da ihm der Schild zerhauen ward - nichts von Bedeutung -
Hartung, er und ich sind gleich auf dem Schlachtfeld noch von unserm
König zu Rittern geschlagen worden.
ANNA
Oh, Mutter, hört die gute Nachricht!
OTTO
Ehrwürdiger Vater, Friedrich von Österreich, er ist gefangen.
ABT HERMANN
Friedrich gefangen? Das ist ein großer Tag. Und was ist mit König Ludwig?
OTTO
Der ist wohlauf! Vater hat die Schlacht geleitet. Der Burggraf von Nürnberg, der
Hohenzoller, gab den letzten Ausschlag. Als die Entscheidung fallen mußte,
brach er nach Abred aus dem Hinterhalt. Die Österreicher hielten ihn für Herzog
Leopold mit seinen Scharen - und wurden völlig überrannt. Außer Herrn Friedrich
sind der Marschall von Pilichdorf mit dem Banner und viele hundert edle Herren
in unsre Hand gefallen!
ABT HERMANN
Und wer überwand Herrn Friedrich?
OTTO
Der Onkel Konrad Rindsmaul!
Er hat Herrn Friedrich dem König als Gefangenen vorgeführt. Und der hat
ihn ganz freundlich angeredet: "Ich sah Euch nie so gern, Herr Vetter!",
sprach König Ludwig. Darauf sagt Friedrich: "Und ich Euch nie so ungern!"
FRAU KATHREIN
Das glaube ich sofort!
OTTO
Als nach dem Streit dann alles müd´ und hungrig war, gab´s weit und breit
nichts Eßbares - nur Eier! Man ließ sie in einem großen Kessel sieden und
König Ludwig teilte selbst sie aus. Es reichte nur für jeden zu einem einzig
Stück! Der König aber gab dem Vater zweie und sagte so laut, daß alle
hören mußten: "Jedermann ein Ei - dem frommen Schweppermann zwei!"
VOLK
Jedermann ein Ei - dem frommen Schweppermann zwei!
ABT HERMANN
Gütiger Gott, wir danken Dir für unsre Rettung und daß Du den bösen Streit
hast enden lassen.
-33-
FRAU KATHREIN
Nun sollt Ihr Eure Glocke haben, Ehrwürdiger Vater!. Ich will nicht ruhn und
rasten, bis sie im Turme hängt und unsern Dank verkündet.
ABT HERMANN
Gott wird sich freuen an solchem Dank! Nun, laßt die Glocke läuten, daß sie
den Sieg weit in die Lande tragen.
HEROLD
(vom Dachfenster)
Hört, Kastler, hört! König Ludwig und Seyfried Schweppermann sind auf
dem Weg zur Burg!
V.AUFZUG
Klosterbrüder tragen einige Sessel und Bänke herzu und stellen sie auf.
1. KLOSTERBRUDER (Pater Johannes)
Flugs, liebe Brüder, regt die Hände.
Der Gottesdienst ist bald zu Ende.
Daß Bank und Sitzplatz richtig steht.
Der Sessel ist für König Ludwigs Majestät!
Für unser Vater Abt der nebendran -
und der für unsern Herrn Schweppermann!
2. KLOSTERBRUDER (Frater Severin)
Der hat´s gut, der sieht die halbe Welt, indessen wir hier
kaum über unsres Klostergartens Mauer schauen!
3. KLOSTERBRUDER (Frater Corbinian)
Es ist doch wahr, daß nun Herr Ludwig rüstet,
nach Rom zu ziehen, um sich die Kaiserkron zu holen?
1. KLOSTERBRUDER
Ich bin des Königs Kanzler nicht - doch hab´ ich auch davon gehört!
Er hat Herrn Friedrich von Österreich aus der Haft zu Trausnitz heimgesandt.
Sie haben sich versöhnt. Der König Ludwig hat die alte Jugendfreundschaft
nicht vergessen!
2. KLOSTERBRUDER
Das hätt ich nicht zuweg gebracht nach all dem Zorn und Streit!
3. KLOSTERBRUDER
Ich hätt ihn ihm Verließ noch weiter büßen lassen!
-34-
1. KLOSTERBRUDER
Der König Ludwig ist eben ein weiser Mann, der hegt nicht kleinlich
Rachgedanken. Und wenn man, so wie ihr, von diesen Dingen nichts versteht,
sollt man darüber nicht so haltlos schwatzen. Nun auf die Seiten, sie kommen!
ABT HERMANN
(Aus der Kirche König Ludwig, Familie Schweppermann, Abt und Gefolge, Kastler Bürger)
Ich heiß Euch noch einmal willkommen, Königliche Majestät,
und wünsch Euch Glück zum Siege über Euren Widerpart!
KÖNIG LUDWIG
Ich dank Euch, Ehrwürdiger Vater, und freue mich mit Euch, daß
ich in Kastl´s Mauern weilen kann! Ihr habt mit Eurer Mannschaft Zuzug
wacker mit im Kampf geholfen! Aus Eurer Landschaft hab´ ich meinen
tapfren Feldhauptmann. Nehmt meinen königlichen Dank.
Nochmals sei Euch und Eurem Stift das Marktrecht hier zu Kastl selbst verliehen,
wie ich´s zu Velburg am 6. Jänner, zu Dreikönig, euch versprochen. Mit dem
gleichen Recht und gleicher Freiheit, wie´s gilt zu Amberg, meiner lieben Stadt!
Nehmt hier den Stiftungsbrief, der Euch alle Zeit das Markrecht sichert.
ABT HERMANN
Dank, Majestät, für Eure Huld! Für alle Zeit bleibt König Ludwigs Name
unvergessen. Solange Kastl steht, wird man hier sein gedenken!
ALLE
Hoch lebe unser König Ludwig!
ABT HERMANN
Verehrte Majestät, darf ich nunmehr um Eure Aufmerksamkeit euch bitten.
Unsres neuen Marktes Kinder haben dem König und dem Seyfried Schwepper-
mann zu Ehren ein kleines Spiel erdacht. Wie sie das End´ der Schlacht sich
vorgestellt, als siegreich Ihr, dich ohne Speis und Trank im Felde lagt.
Seht her, da sind sie schon!
KNABENHAUPTMANN
Die Schlacht ist nun gewonnen,
der Feinde Trutz zerronnen!
Die Krone schmücket unsres Königs Haupt,
kein Feind mehr da, der sie ihm raubt!
Der Bayer Herzog und der Deutschen Köng lebe hoch!
ALLE
Hoch, hoch, hoch, König Ludwig!
KNABENHAUPTMANN
Wir wünschen, daß zu Rom, wie ihm gebührt,
die Kaiserkrone bald ihn ziert;
sein Schutz gewährt dem Bürger Sicherheit und Ruh´
-35-
ganz Deutschlands Herze schlägt ihm zu!
Hoch lebe Kaiser Ludwig, hoch!
ALLE
Hoch, hoch, hoch, Kaiser Ludwig, hoch!
DER KLEINSTE
Ei, Hauptmann, Du hast gut gesprochen.
Die Schlacht ist aus, was gibt´s zum Kochen?
Viel Arbeit gab´s für Schwert und Speer,
jetzt knurrt und murrt der Magen leer!
KNABENHAUPTMANN
O je - was fang´ ich mit Euch an?
Fürwahr, Ihr habt das Eure brav getan!
wo nehm´ ich Brot und Schinken her,
ist alles ratzekahl und leer!
Hahn mit Hühnerschar treten gackernd und flügelschlagend auf.
KÖNIG LUDWIG
Das könnte meine Anna sein!
KNABENHAUPTMANN
Abgetreten! Achtung - marsch!
Die Knaben und die Hühnerschar treten ab.
KÖNIG LUDWIG
Freund Seyfried, wackrer Feldhauptmann, tritt zu mir her!
Ich dank zugleich in Deinem Namen für das muntre Spiel!
Wir sind Dir, wackrer Seyfried Schweppermann, des Nordgau Helden,
neuen Dank zu Deinem alten Ruhme schuldig. so nimm denn aus unsrer
Hand zu Deinem bisherigen Besitz die Herrschaft Deinschwang zum
Zeichen unsres königlichen Dankes als erblich Lehen Dir und Deinem
Hause! Mögt Ihr Euch der neu belehrten Güter freuen.
SCHWEPPERMANN
Herr König - Dank Euer Gnade - doch - Ihr wißt - nicht um des Lohnes
Willen hab ich es getan!
KÖNIG LUDWIG
Ich weiß, mein Seyfried - weiß, daß man die Treue nicht mit irdischen Gütern
lohnen kann! Zum zweiten Mal hast Du durch eine Schlacht dem ganzen Land
und mir zum Sieg verholfen, der gerechten Sache - nun freue dich der Heimat,
die Du durch Deine Taten Dir immer wieder neu gewonnen hast!
ALLE
Hoch lebe Seyfried Schweppermann!
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KÖNIG LUDWIG
Und nun verstattet mir, daß ich ein wenig Schicksal spiele - ein frohes diesmal,
wie ich hoffen darf! Gott hat euch viel gelohnt in Euren Kindern und sie und
Euch behütet. Ich verhehl es nicht, daß eins von ihnen besonders mir ans Herz
gewachsen: vielleicht seh´ ich das Bildnis meines toten Töchterleins in Eurer
Anna -
Ich werb im Namen des ehr- und tugendsam gebornen Ritters Trautwein von
Aystett um Eure Tochter und bitt´ zugleich die Ehr´ mir aus, die Hochzeit
auszurichten samt den Brautgut!
SCHWEPPERMANN
Heiliges Gewitter, - oh verzeiht, mein König! - ich mein, den Hofton lern ich
meiner Lebtag nit.
KÖNIG LUDWIG
Mein Feldhauptmann hat seine eigne Freiheit.
SCHWEPPERMANN
Mutter, was sagst Du dazu? so red´ doch endlich auch ein Wort!
Bist sonst ja nicht verlegen.
FRAU KATHREIN
Was sollten wir für solchen Werber andre Antwort haben als freudig:
Ja und frohen Dank! Schau nur die Kinder an - der königliche Fürsprech
hat besser in ihr Herz geschaut, als der eigene Vater, der nur Schlacht
und Krieg im Schädel hat!
SCHWEPPERMANN
Anna, Trautwein, Ihr Heimlichtuer, kommt einmal her!
Ich wünsch Euch Glück und Segen und mir recht viele Enkel.
DAS BRAUTPAAR
(kniet vor dem König nieder)
Dank, Majestät!
KÖNIG LUDWIG
Auch wünsch ich Glück und Segen, bis ans ende Eurer Tage.
Und Du, Trautwein, bleibe immer ein wackrer Gefolgsmann meinem
Feldhauptmann!
TRAUTWEIN
Mein König, das versprech ich Euch von ganzem Herzen.
KÖNIG LUDWIG
Frau Kathrein - nehmt nun Euern Eheherrn zurück - ich habe ihn
lange genug von zu Hause ferngehalten! Er mag den Nordgau mir behüten -
indes ich weiterzieh!
Ich wollt, ich könnt in Frieden mich, wie er nun darf, der Heimat freuen und
der Erinnerung leben! Jedoch - des Königs Amt kennt keine Ruh´. Ich muß
-37-
nach Rom hinziehen um des Reiches willen - nachdem dem die Heimat fand!
Der unterlegne Gegner, mein alter Jugendfreund Friedrich von Österreich, hat
seinen Groll begraben und allem Ehrgeiz abgeschworn. Ich hab mich ausge-
söhnt mit ihm. Die Freiheit ihm geschenkt und ihn so neugewonnen!
Jubel und Freude bei allen.
König Friedrich wird an meiner Seite nun der deutschen Dinge warten
und mir den Rücken decken. Ich zieh nach Rom hinab, wie´s meine
Sendung will und wie es meine Pflicht ist!
FRAU KATHREIN
Herr König - erlaubet, daß eine Frau Euch aus ganzem Herzen dankt!
Ich habe - ich gesteh es offen - Euch verkannt. Ich hab geglaubt, Ihr
jagtet nur dem Ruhme nach, der Ehre hinterher nach Männerart. Längst hab
ich eingesehn, daß Euer Leben selbstlos und darum ruhelos dem ganzen
Lande dient. Nehmt unsrer Herzen heißes Wünschen mit auf Euren Weg.
Damit der Heimat Stimme Euch begleite und ihr Abschiedsgruß Euch stets
stärke in dem fernen Land, soll heut zum ersten Mal die große Glocke Kastl´s
feierlich erklingen. Gestiftet von des Nordgaus Edelfrauen zum Dank für Gottes
Gnade, die, Herr König euch und meinem Seyfried Schweppermann mit allem
Heere den Sieg bescherte! Glück auf für die Romfahrt, König Ludwig, des
Bayernlandes Zier und Stolz, rufe euch der Glocke Klang auf Eurem Wege
hinterher! Glück und frohe Wiederkehr, Herr König Ludwig!
ALLE FRAUEN
Glück und frohe Wiederkehr, Herr König Ludwig!
ABT
Nun danket alle Gott!
KÖNIG LUDWIG
Gebt Euren Segen, ehrwürdiger Abt!
Nach dem Segen erheben sich alle und blicken zum Turm empor. Die große Glocke aus dem Jahre 1323, die Kaiserglocke, beginnt zu läuten. Die übrigen Glocken fallen ein. Der Kaiser geht langsam ab, ganz Kastl gibt ihm das Geleit.
ALLE
Glück auf dem Weg König Ludwig und frohe Wiederkehr!