Gesprächsnotiz
(notfalls als Gegenprotokoll, weil stets behauptet wird, wir würden falsch weitererzählen)

- Datum: Donnerstag, dem 17.10.96 9:00 Uhr - 11:30 Uhr, Regensburg

Betreff: Staatsstraße 2235 - Einkaufsmarkt - Wohnbaugebiet - Wie kann in Kastl weiter verfahren werden?

Anwesende:

Regierung der OPf: ....Herr Erhard, Herr Schlauderer, Herr NN, Straßenbauamt AS: Herr Gläser, Frau Meier

Marktgemeinde Kastl: Bgm Raab CSU, 3. Bgm, Kreisrat Lang CSU, MRin Kraft GRÜNE, MR Steuerl CSU, MR ......................................Zimmermann CSU, MR Luschmann FW

Vorgeschichte:

Das Straßenbauamt plante in den Jahren 1983/1984 eine Ortsumgehung für die 2235 ins Lauterachtal.

Erheblicher Widerstand von Anliegern und anderen Gemeindebürgern führte dazu, dass die Planfeststellung auf Eis gelegt wurde, das beplante Areal mit einer Veränderungssperre versehen wurde. Alle Beteiligten konnten bis heute damit recht gut leben.

Zwei wesentliche Vorgänge veranlassen dazu, das Thema jetzt zu diskutieren.

1. Zwei Brückenbauwerke im Ortsbereich an der Bundesstraße 299 sind erneuerungsbedüftig. Eine Klärung der Staatsstraßentrasse wäre bei der Erneuerung hilfreich.

2. Die Marktgemeinde Kastl hat inzwischen ein Gelände (ehemals Sägewerk Fink) erworben, um dort Wohnbebauung zu ermöglichen. Außerdem ist es nach langen vergeblichen Bemühungen nun gelungen, einen Interessenten für die Ansiedlung eines Einkaufsmarktes zu finden. Die jeweiligen Standorte sind mit einer Veränderungssperre belegt.

Bürgermeister Raab war im September an der Regierung vorstellig wegen des Bebauungsplanes Sägewerk und wegen des Ansiedelns eines Einkaufsmarktes. Damit wurde das Thema Trassierung der Staatsstraße aktuell.

Kreisrat Lang war in einem kurzen Gespräch beim Landrat mit Herrn Gläser und Frau Meier zusammengekommen.

Ziel des Gespräches: Wege und Möglichkeiten aufzuzeigen, die Kastl bei seinen Bedürfnissen weiterbringen und dem Straßenbauamt nicht die eigenen Möglichkeiten verbaut oder erschwert.

Vorab- Zusammenfassung:

Herr Erhard (Regierung): Legte eingangs in situationsgerechter, objektiver und um Ausgleich bemühter Vortragsweise klar, dass man gegen die Absichten der Gemeinde keine Umgehungsstraße bauen würde. Auch wird man von Seiten der Regierung mit den eigenen Plänen nicht die Entwicklung einer Gemeinde blockieren dürften. Da die Trasse in allen Plänen vorgesehen sei, müsse ein doch recht aufwendiger Verwaltungsweg beschritten werden, wenn man sie "sterben lassen" will (Flächennutzungsplan, usw.). Für den Fall, dass man als Gemeinde die Trassierung des Straßenbauamtes akzeptieren würde, unterbreitete er ein großzügiges Angebot derart, dass der erste Bauabschnitt (Erschließungsfunktion für Baugebiet und Supermarkt) und zwei Brückenbauwerke im Ortsteil Hammer (Baulast einmal privat, einmal bei der Gemeinde) jetzt mit bauen würde.

Dass die "Uraltpläne" (Zitat) im weiteren Verlauf des Tales so nicht ideal sind (Hanganschnitte, die Felsen unten im Tal) gab Herr Erhard bereitwillig zu und diskutierte Varianten der Trassierung mit weit engeren Radien an.

Herr Schlauderer, (Regierung) der von Anfang mit der Planung befasst war, erkannte, dass schon viel Herzblut und Emotionen in die Diskussion eingebracht worden sind. Auch er signalisierte Kooperationsbereitschaft, wenn die Gemeinde im beplanten Bereich umgestalten will. Man könne und dürfe als Beamter nicht eine Kommune "abstrafen", weil sie Pläne nicht mit trägt, die man selber habe. Die Verkehrsanbindung für den Supermarkt muss natürlich verkehrsgerecht erfolgen, wird aber sicher keine Probleme bereiten und die Forderungen können bei weitem nicht so hoch ausfallen, als wenn eine Staatsstraße anzubinden wäre. Der Supermarkt ist realisierbar, die Wohnbebauung ist ebenfalls möglich, müsste aber so angelegt werden, dass auch danach noch die Staatsstraße möglich wäre und für die Erschließung muss mit dem Straßenbauamt Einvernehmlichkeit hergestellt werden.

Herr Gläser konnte, wenn man wollte, als

- arrogant (baut doch den Supermarkt, wo ihr wollt)

- uneinsichtig (1984-er Pläne sollten heute noch als Beweis für die Unmöglichkeit der schonungsvollen Gangart herangezogen werden.)

- und starrsinnig empfunden werden (Ihre Meinung interessiert mich nicht!).

Ein sinnvolles Gespräch mit ihm fand nur in den Teilen statt, wo er seine Vorstellungen von Staatsstraßenplanung darlegen konnte. Seine konkreten Überlegungen zur Erschließung des Baugebietes und zur Gestaltung der baufälligen Brücken an der B299 erregten selbst den Unmut des FW-Marktrates, der ob der o.g. Großzügigkeit begeistert die neue Trasse forderte.

 

Die aus unserer Sicht wichtigen Aussagen:

Herr Raab erläuterte, dass in einer nichtöffentlichen Sitzung das Thema andiskutiert wurde und er von den verschiedenen Gruppen Vertreter mitbringen wollte. Er fragte nach, nach der Wirkung des Marktgemeinderatsbeschlusses von 1985 und nach der frühest möglichen Zeit des Ausbaues auf neuer Trasse, für den Fall, dass der Gemeinderat zustimmt.

Herr Erhard legt den derzeitigen Stand dar. Die Planfeststellung aus Urzeiten hat rechtliche Wirkungen im Sinne der Veränderungssperre. Der Ausbauplan ist durch den Generalverkehrsplan Bayern im Kabinett verabschiedet. Der eingereichte Bebauungsplan für das Wohnbaugebiet sieht x Zufahrten vor, die so für den Charakter einer Staatsstraße nicht machbar sind. Wenn die Staatsstraße auf neuer Trasse käme, würde die Gemeinde Kosten sparen, weil Baulastträger der Freistaat Bayern wäre. Die Kosten für Linksabbiegerspur bzw. Aufweitung und die Erschließungsstraße des Baugebietes entfiele. Auswirkung hätte diese Maßnahme auf die Gestaltung der Brücken an der B299, die ohne diese Diskussion längst gestaltet wären. Uns (Regierung) drängt bei der Staatsstraße nichts, weil das geringe Verkehrsaufkommen zurecht kommt, aber irgendwann müssen auch wir das Thema angehen. Die Gemeinde muss bei der Planung des Wohnbaugebietes die Staatsstraße berücksichtigen, auch wenn sie jetzt nicht gewünscht würde. Der Freistaat zwingt keine Gemeinde zu einer Ortsumgehung. Die Planungshoheit liegt laut Verfassung bei der Gemeinde. Die Option der Trasse muss offen bleiben, denn nachfolgende Generationen könnten diese neue Trasse wieder wollen. Die Gemeinde kann auch auf eigene Kosten eine Erschließung bauen, wie auch immer gestaltet. Ein Notwegerecht lässt sich für ein neues Baugebiet sicher nicht herleiten. Das Straßenbauamt stellt dann dazu die für die Sicherheit notwendigen Forderungen, die sich bei einer reinen Erschließungsstraße geringer auswirken, als bei einer Staatsstraße (Länge der Verziehungsstrecken, Aufweitung). Nutzungsrechte sind privatrechtlich mit den Straßenbauamt zu klären. Dass die baulichen Maßnahmen der Gemeinde später durch die Staatsstraße weiter verwendet werden könnten und damit später erstattet würden, wie Herr Gläser anklingen ließ, bezweifelte Herr Erhard. "Die Erstattung dürfte eher gegen Null gehen", wie man überhaupt über Kosten dazu erst reden könne, wenn Pläne auf dem Tisch lägen.

Auf Anfrage des Kastler Bürgermeisters Raab zur Gültigkeit des Gemeinderatsbeschlusses sah Herr Erhard nach diesen langen Jahren schon die Notwendigkeit eines neuen Beschlusses. Sollte der Gemeinderat die Ortsumgehung durch Ausweisung im Plan des Neubaugebietes rechtlich absichern, wodurch für diesen Teil das Planfeststellungsverfahren hinfällig würde, muss dazu ohnehin ein Gemeinderatsbeschluß gefasst werden. Sollte der Gemeinderat die Umgehung ablehnen, geht er davon aus, dass die Straße im Wesentlichen in der bestehenden Form unterhalten wird. Auch unter dem Aspekt der knappen Mittel, sei man heute aufgefordert, alles flexibel zu handhaben.

Herr Gläser stellt fest, dass der Grund damals von der Bundesbahn erworben wurde und im Besitz des Staates sei. Die Übereinkunft für den Schwerlastverkehr aus Sägewerkszeiten sei jetzt eigentlich hinfällig. Damit sei zu diesem Grundstück keine Erschließung mehr gegeben. Beim Erwerb des Grundstückes durch die Gemeinde hätte man das schon berücksichtigen können. Die Planungen zur Staatsstraße seien durch Ministerium und oberste Baubehörde beabsichtigt und durch ihn nicht zu ändern.

Der Ausbau des ersten Bauabschnittes der Umgehung (innerorts), wie von Herrn Erhard skizziert, kann aus seiner Sicht erst gebaut werden, wenn auch der Rest der Trasse rechtlich gesichert ist. Ein Vorziehen dieser Baumaßnahme, etwa damit der Supermarkt eine Anbindung hätte, wollte er nicht akzeptieren.

Zur Gestaltung der bisherigen Kreuzung B299/Staatsstraße 2235 stelle er sich ein Abrücken der Brücken von den Häusern zum Tal hin vor, so dass die Brücken höher werden könnten, ohne die Steigung erhöhen zu müssen. Damit könnten Fußgänger und Radfahrer aus dem Ortsteil Hammer unter der Brücke neben dem Wasser die B299 queren. Fahrzeuge aus diesem Ortsteil könnten hier nicht mehr einmünden und müssten die neue Staatsstraße über den Bahnhof benutzen. Dies rechtfertige auch den Bau der zwei Brücken auf der Gemeindestraße von Hammermühle zur Hammerbauernleite bzw. Anbindung an die neue Staatsstraße. Die Absichten der Gemeinde mit zahlreichen Anbindungen an die neue Staatsstraße die Grundstücke zu erschließen, konnte Herr Gläser nicht bestätigen. Eine 3 Meter breite Erschließung der Grundstücke, die gleichzeitig als Geh- und Radweg dient, müßte angelegt werden.

Bei der Nutzung für die Erschließung durch die Gemeinde gehe es nur in Zusammenarbeit mit dem Straßenbauamt, wobei dies privatrechtlich ablaufe, er also wie ein Privatmann auftrete.

Herr Lang bezweifelte die Sinnhaftigkeit einer Linksabbiegerspur - mitten im Ort - an der neu zu schaffenden Einfahrt und begründete dies nicht unter finanziellen Überlegungen. Egal ob für eine Staatsstraße oder für eine Erschließungsstraße zu Supermarkt und Baugebiet (ca. 15 Häuser) gebaut, macht sie keinen Sinn, weil 50 Meter danach der Verkehrsfluß auf der B299 bewußt durch eine Fußgängerampel mit einer weiteren Kreuzung gebremst wird. Zudem sei die Zubringereigenschaft durch die dort anbindende Utzenhofener Straße um ein Vielfaches höher, als durch die neue Erschließungsstraße oder Staatsstraße.

Schließlich habe die Gemeinde einen bisher gewerblich genutzten Grund erworben, der neben dem BayWa Betriebsgelände liege. Zufahrtswege hatten sicherlich Rechtsstatus, der auf die Gemeinde als Käufer übergegangen sei.

Die Behauptung, dass durch den Ortsteil Hammer ein sinnvoller Ausbau nicht möglich sei, läßt sich nach Langs Auffassung durch nichts rechtfertigen. Gegen den Versuch des Straßenbauamtes, die 84-er Pläne als Beweismaterial gegen seine Auffassung einzusetzen, wehrte er sich vehement. Sämtliche Zwangspunkte von damals seien heute entfallen (Brücke 1 Mio, Triebwerk 1,5 Mio, Tiefbrunnen mit Wasserschutzgebiet 1 Mio und militärische Ausbaubreite von 7,5 Meter) und die damalige Planung sei ohne Rücksicht auf städtebauliche Rücksichten und Notwendigkeiten eingeplant. Gerade unter dem Aspekt, dass die Bundesstraßenbrücken baufällig seien, könne man die Kreuzung und den Ortseingang Hohenburger Straße nach Kastl durch Absenkung der Brücken bei gleichzeitiger Aufweitung der Durchlässe wesentlich attraktiver gestalten. Das bisherige Hinauffahren auf den Damm zur Bundesstraßen-Brücke - von beiden Seiten her - könnte deutlich vermindert werden, womit die Übersichtlichkeit gewährleistet werden kann.

Herr Schlauderer machte wie Herr Erhard deutlich, dass man eine Gemeinde weder zwingen wird, eine Straße zu akzeptieren, die man nicht will und daraus aber auch nicht die Entwicklung einer Gemeinde über Jahre behindern dürfe. Das gilt auch für die jetzt wirksame Veränderungssperre. Natürlich müsse der Staat darauf achten, dass keine unveränderlichen Fakten geschaffen werden, die späteren Generationen diese Möglichkeit der Trassierung nähme. Wenn die Gemeinde die Straße nicht will, kommt sie nicht. Die Anbindung an die Bundesstraße an dieser Stelle kann dann bei minimierten Änderungen erfolgen. Das Straßenbauamt wird dann seine Tätigkeit auf eine Verbesserung der alten Trasse legen, möglicherweise auch nur auf einer Unterhaltung in der bestehenden Form.

Aus dem Marktrat, Franz Zimmermann und Ursl Kraft trugen große Bedenken gegen die von Herrn Erhard kompromisshaft vorgeschlagene Talquerung weiter oben vor. Die Talbreite sei größer, die Höhenunterschiede extremer. Vor allem kann Zimmermann nicht einsehen, dass es jetzt immer noch nicht gehen soll, wo alle Zwangspunkte gegen die bestehende Trasse entfallen sind.

Marktrat Luschmann begrüßte die Bereitschaft der Ämter zur Brückenerneuerung im Ortsteil Hammer, die sonst in die Baulast des Anliegers und der Gemeinde fielen, sowie die Chance, die Staatsstraße als Erschließungsstraße kostenlos zu erhalten. Er wehrte sich aber vehement gegen die parallele 3m Fahrspur als eigentliche Erschließung und sprach sich energisch gegen das Erhöhen der B299 Brücken aus.

Zusammenfassung:

Im Gespräch wurde den Markträten vor allem deutlich, dass es durch die Straßenbaubehörden keine wie auch immer geartete Erpressung gegenüber dem Gemeinderat geben werde. Unter diesem Eindruck waren die Räte nämlich nach Regensburg gefahren. Der Bürgermeister hatte vorher vermittelt, dass der NETTO-Markt nur gebaut werden könne, wenn auch die Staatsstraße jetzt gebaut werde. Deshalb waren die Räte, die gegen starke Eingriffe in das Lauterachtal sind, von diesem Gespräch sehr positiv beeindruckt. Die Straßenbaubehörden werden sich mit ihren Verbesserungsmaßnahmen zur Staatsstraße an dem orientieren, was die Gemeinde für richtig hält. Alle Gesprächsbeiträge in den ersten zwei Dritteln der Diskussion waren auf diese Sorge gerichtet, die von Herrn Erhard und Herrn Schlauderer völlig genommen wurde. Erst im letzten Drittel der Diskussion wurden, vornehmlich durch Marktrat Luschmann, die Möglichkeiten der Planung auf neuer Trasse erfragt.

f.d.R Heinz Lang

 

...........