Heinz Lang, Kastler Illustrierte - Anfang Ausgabe Mai 1999 - 1 |
Sondersitzung im Mai 99 - Birgland und Kastl im Rathaus
Kastl (nla). Eine Krisenkonferenz der beiden Gemeinderäte aus dem Markt Kastl und der Gemeinde Birgland wurde am Mittwoch, 19.5.99, im Rathaus Kastl einberufen. Für die Räte überraschend, waren nicht nur die Vertreter der Fachstellen zahlreich erschienen, sondern Landrat Dr. Hans Wagner versuchte persönlich als Vermittler für die beiden Gemeinden tätig zu werden und war anwesend. Inzwischen stehen den guten Absichten auf beiden Seiten jedoch juristische Hürden im Weg.
Wie mehrfach berichtet stoßen mit den Kanalbaumaßnahmen der Gemeinde Birgland, bei denen die Lauterach im Ortsbereich von Kastl als Vorfluter verwendet werden soll, verschiedene Interessen der beiden Gemeinden aufeinander. Die Gemeinderäte vom Birgland möchten möglichst kostengünstig ihr Abwasser entsorgen, die Gemeinderäte von Kastl stören sich vor allem am Einleitungspunkt am Anfang des Ortes und bestanden bis zur vorausgegangenen Sitzung auf einer Einleitung unterhalb von Kastl.
In der ersten Sitzung vom Mai formulierte Marktgemeinderat Matschiner schließlich einen Kompromiss, wonach die Einleitung der Abwässer deutlich oberhalb von Kastl erfolgen könnte, um die Reinigungskraft der Lauterach vor Kastl möglichst zu nutzen. Konkret stellte er sich die Stelle in der Nähe des Pfaffenhofener Schulhauses vor, da dort vor vierzig Jahren schon mal eine Wasserleitung am Berghang verlegt worden war und Baumaßnahmen am Hang deshalb nicht unmöglich erscheinen. Der Lauterach verbliebe eine Strecke von mehr als einem Kilometer, um das Abwasser zu vermischen und teilweise zu reinigen. Den neuen Einleitungsort nahmen die beiden Gemeinderatsgremien gemeinsam vor Ort in Augenschein.
Der planende Architekt hatte zuvor in Rücksprache mit dem Kastler Bürgermeister neue Einleitungsalternativen in Kastl, Pfaffenhofen und Pattershofen vorgestellt. Sie lagen allesamt wieder vor den Orten und hätten nur dem St. Florians-Prinzip gedient. Dem konnten die Kritiker der Abwassereinleitung nichts abgewinnen. Allein der Vorschlag, nach dem Ort Pfaffenhofen einzuleiten, könnte als Kompromiss dienen.
Die Verhandlungen zwischen den Gemeinden stehen unter einem enormen Zeitdruck, da im Birgland die Ausschreibung Ende des vergangenen Jahres gelaufen war, ohne daß das Thema in Kastl auf der Tagesordnung war. Da der Kastler Marktrat, Gert Steuerl, im Herbst letzten Jahres als persönlich Beteiligter bei den Plänen zu hören war, stellte er damals eine Anfrage im Kastler Marktgemeinderat. Der Bürgermeister erklärte dazu, dass die Birgländer die Kastler zum Bau ihrer Kläranlage nicht um Erlaubnis fragen müssen. Wasserrechtlich wurden dann durch das Landratsamt und das Wasserwirtschaftsamt auch alle Einwendungen von Kastler Bürgern als unzulässig oder unbegründet zurückgewiesen, den Birgländern wurde die Genehmigung zur Einleitung erteilt.
Gegen den wasserrechtlichen Bescheid könnte der Markt Kastl vor Gericht Klage einlegen, was die Kastler jedoch nicht wollen, weil durch einen Rechtsstreit sicherlich der Umgang miteinander belastet würde, die Erfolgsaussichten jedoch relativ gering wären und die Bautätigkeiten gelähmt würden. Anders stellt sich die Rechtslage bei der Nutzung der Kastler Gemeindegrundstücke bei der Verlegung der Leitungen dar. Diese Nutzung müsste der Marktgemeinderat genehmigen oder die Gemeinde Birgland ließe bei Weigerung der Kastler ein Enteignungsverfahren gegen Kastl durchführen. Auch dabei käme es zu verteuernden Verzögerungen der Bautätigkeiten.
In den Aussprachen der Vertreter der Gemeinden machten die Kastler deutlich, daß sich ihr Unwillen nicht gegen die Baumaßnahme der Gemeinde Birgland richtet, diese statt dessen begrüßt, da es um das eigene Trinkwasserschutzgebiet geht. Aussagen, die den Kastlern in manchen Zeitungen in den Mund gelegt werden, seien Scharfmacherei und träfen so nicht zu. Verärgerung einiger Kastler bestand allein deshalb, wie Marktrat Heinz Lang ausführte, weil Bürgermeister Raab zwischen 1994 und 1999 allein handelte und den Marktgemeinderat Kastl nicht informierte. Marktrat Herbert Braun widersprach dem. Er fühlte sich vom Bürgermeister ausreichend informiert. Marktrat Erwin Schierl machte deutlich, daß man sich inzwischen in der Situation befindet, wonach Kastl der Bittsteller ist und nicht die Gemeinde Birgland.
Landrat Dr. Hans Wagner schlug schließlich eine sehr "kreative" Lösung vor, um den Beteiligten wieder die Zeit zu geben, Matschiners Einleitungsalternative zu prüfen. Für den ergangenen Bescheid seines Amtes läuft jedoch die Einspruchsfrist aus. Deshalb schlug er vor, diesen Bescheid im Einvernehmen mit den Räten der Gemeinde Birgland aufzuheben und sofort einen neuen zu erlassen. Die Frist würde damit verlängert. Dem stand die Sorge einiger Räte aus dem Birgland entgegen, daß Einwendern damit eine neue Möglichkeit gegeben wird und unkalkulierbare Verzögerungen entstehen könnten. Daß es neben den Kastler Marktgemeinderäten zahlreiche Einwendungen von Bürgern gegeben hat, war dem Landrat nicht bewusst, weshalb er seinen Vorschlag zurückzog.
Schließlich einigte man sich auf ein Vorgehen, das allein vom gegenseitigen Vertrauen lebt. Der Markt Kastl läßt die Einspruchsfrist verstreichen und verzichtet auf Klage. Dafür stimmten zwölf gegen drei Kastler. Die Gemeinde Birgland sichert zu, die Alternative ernsthaft umsetzen zu wollen und dann gegebenenfalls ein neues wasserrechtliches Verfahren einzuleiten. Dafür stimmten elf zu zwei Birgländer Räte. Landrat Dr. Wagner hat außerdem persönliche Untersützung bei den Wasserwirtschaftsbehörden zugesagt, wenn es darum geht, verteuernde Maßnahmen zu bezuschussen.
Einstimmig und als wohlwollendes Zeichen genehmigte der Kastler Marktgemeinderat die Erlaubnis zum Verlegen der Leitungen in einem Teilabschnitt vom Ortsteil Brünnthal zu der neuen Kläranlage, man dort Strom für den Bau braucht.
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