Heinz Lang, Kastler Illustrierte - Anfang Ausgabe Jan 2001 - 1 |
Lauterachwasser nach Neumarkt?
Kastl - Lauterhofen - Neumarkt(nla). Kann man ohne größere Probleme Wasser von der
Lauterach abziehen, um es der Trinkwasserversorgung von Neumarkt zuzuführen? Um diese
Frage zu erörtern hatte MdL Armin Nentwig Betroffene und Kommunalpolitiker aus dem
Lauterachtal nach Kastl in den Forsthof eingeladen. Anlass dafür sind Gespräche, die
zwischen der Stadt Neumarkt und dem Wasserversorgungszweckverband von Lauterhofen, der
Pettenhofener Gruppe, geführt werden. Er selbst, so Nentwig, wollte sich bei dieser
Veranstaltung noch mehr Hintergrundwissen verschaffen, beispielsweise zu den Sorgen der
Fischer oder Kraftwerksbesitzer, und er möchte auch den Betroffenen die Möglichkeit
bieten, ihre Sicht der Dinge an die Fachleute zu bringen.
Interessierte aus vielen Sparten
waren der Einladung gefolgt, um die Auswirkungen für die Lauterach und ihre Anwohner zu
besprechen, wenn eine von Neumarkt angestrebte Wasserableitung Wirklichkeit wird. Neben
Kommunalpolitikern aus Kastl, Lauterhofen, Birgland, Hohenburg und Schmidmühlen waren
Vertreter vom Landesverband der Kleinwasserkraftwerke, den ehemaligen Mühlenbesitzern
also, und Vertreter von Fischereiverbänden sowie der Landwirtschaft anwesend. Erschienen
waren die Vorsitzenden der Bund Naturschutz Kreisgruppen Neumarkt und Amberg, Vertreter
vom Verein Freunde des Lauterachtales, sowie örtliche Parteivorsitzende von CSU und SPD
aus den Gemeinden Lauterhofen und Kastl.
Über die Anwesenheit von
Entscheidern und Bürgern aus Lauterhofen zeigten sich die Versammelten erfreut, nicht
zuletzt, weil 2. Bürgermeister Deinhard, Lauterhofen, seine Anwesenheit damit
begründete, dass ihn die Sicht der Nachbarn schon interessiere. Vertreter des
Wasserwirtschaftsamtes waren nicht erschienen, auch nicht unter der Option, wie Nentwig
sagte, dass sie nur zuhörend die Sorgen der Betroffenen aufnehmen sollten. Mit seiner
Gesprächsleitung ermöglichte Nentwig zunächst den Bürgermeistern und
Verbandsvertretern einen Anfangsbeitrag und leitete dann zu einer offenen Diskussion
über, an deren Ende schließlich das weitere Vorgehen besprochen wurde.
Erst Urteil der Behörden abwarten
Kastls Bürgermeister Raab mochte keine Erklärungen abgeben oder Aussagen zur Sache
machen. Er ginge davon aus, dass die derzeit im Umlauf befindlichen Zahlen nur
Vermutungen seien. Erst wenn die Behörden klare Fakten lieferten, sei der
Marktgemeinderat gefordert, sich eine Meinung zu bilden. Ein wasserrechtliches Verfahren,
so Raab, werde dann sicher folgen müssen. Beschwichtigend äußerte sich auch 2.
Bürgermeister Deinhard aus Lauterhofen. Neumarkt und das Wasserwirtschaftsamt seien an
Lauterhofen herangetreten, weil die Quelle so ergiebig sei und keine Probleme durch die
Wasserentnahme entstünden. Es sei jedoch noch nichts entschieden und Lauterhofen könne
das Wasser auch gar nicht verkaufen, sondern allenfalls mit Neumarkt im
Verbund nutzen.
Zahlreiche allgemeine Unmutsäußerungen machten deutlich, dass man den Vorgang keineswegs
als problemlos einstuft und der Zeitpunkt dieses Treffens auch nicht als verfrüht
betrachtet wird. Es sind viele Kommunalpolitiker da, die abwarten wollen,
meinte ein Betroffener
Kleinwasserkraftwerksbesitzer. Das Spielchen habe wir schon oft mitgemacht.
Jetzt, im Winter, kommen keine toten Fische angeschwommen, in den Sommermonaten dagegen,
bei wenig Wasser, aber sehr viele.
Zahlen dazu
Die Vorsitzende der BN Kreisgruppe Neumarkt, Tanner-Fritsch, nannte
schließlich die Zahlen, wie sie ihr und dem Wasserwirtschaftsamt vorlägen. Die Leitung
von Lauterhofen nach Neumarkt solle eine DN von 250 Millimeter bis 300 Millimeter
erhalten, die beanspruchte Quelle schüttet im Mittel ca. 100 Liter in der Sekunde aus,
wovon die Pettenhofener Gruppe zur Zeit ca. 15 Liter pro Sekunde zur Wasserversorung
entnimmt. Lauterhofen wird nach Wasserwirtschaftsamtberechnungen langfristig keinesfalls
mehr als 20 Liter pro Sekunde benötigen. Eine Ableitung von mindestens 40 Litern
pro Sekunde sei ohne größere Probleme möglich, zitierte Tanner-Fritsch das
Wasserwirtschaftsamt.
Nentwig stellte fest, dass man demnach mit einer künftigen Reduzierung des
Lauterachwassers von mindestens 40 Litern in der Sekunde rechnen müsse. Bei der Bewertung
müsse man davon ausgehen, dass in Zeiten der Trockenheit am meisten Wasser verbraucht
wird, also dann, wenn die Quelle weniger als die durchschnittliche Wassermenge liefert.
Außerdem sei bei der Entscheidung, die Abwasser vom Birgland in die Lauterach einleiten
zu lassen, von den derzeitigen Wassermengen ausgegangen worden.
Diese Sicht wurde durch zahlreiche Betroffene untermauert. Der Besitzer der Mittelmühle
in Kastl wollte sich ohnehin lieber auf seine eigenen
Messungen verlassen. Im trockenen Sommer 1998 sei bei seiner Turbine so wenig Wasser
angekommen, dass die Steuerung abschaltete, also weniger als 100 Liter pro Sekunde. Wenn
in dieser Zeit das Wasser noch stärker reduziert worden wäre, hätte man aus der
Lauterach einen Gehweg machen können. Der Vertreter des Landesverbandes der
Kleinwasserkraftwerke wies darauf hin, dass die modernen Turbinen sehr genau auf bestimmte
Wassermengen ausgelegt seien. Die Unterschreitung einer bestimmten Wassermenge führe zur
völligen Wirkungslosigkeit. Es könne also sein, dass die Turbinen aller Kleinkraftwerke
zu tauschen sind, wenn die Wassermenge der Lauterach dauerhaft reduziert würde.
Meinungen von unterhalb Kastls
Alfred Kuerzinger aus Hohenburg
berichtete von einem Gespräch vor vierzehn Tagen mit einem Herrn vom Amt für
Verteidigungslasten. Alle graben nach Wasser.
Wenn Hohenfels nichts findet, fragte er provozierend, kriegen die ihr Wasser dann aus
Neumarkt? Der Ransbacher Betroffene Bruckmueller ärgerte sich, dass Altwasserrechte
stillschweigend gestohlen werden. Die Lauterach hat viele Wehre, die an die Nutzung
erinnern. So sei es den Landwirten möglich gewesen, Wasser in die Talwiesen zu leiten.
Heute gehört das Wasser offensichtlich allein dem Wasserwirtschaftsamt.
Da gleichzeitig in Hohenburg eine
Gemeinderatssitzung tagte, war von dort nur ein Gemeinderat erschienen, der sich zugleich
als persönlich Betroffener aus der Fischerei äußerte. Allerdings würden seine
Befürchtungen zur Beeinträchtigung der Lauterach durch eine Wasserentnahme für Neumarkt
von Hohenburgs Bürgermeister Schärl geteilt. Man befürchtet durch die Mengenreduzierung
eine allgemeine Erwärmung der Lauterach. Betrage diese zum Beispiel nur ein Grad, so
verliere die Lauterach den Charakter als typisches Forellengewässer, sogenanntes
Salmonidengewässer. Negativ unterstützt würde dieser Vorgang durch erhöhte
Schlammablagerung bei Niedrigwasser, meinte der Vertreter der Fischerei, Wolfgang
Seidenberg, unterstützt vom Fischereivereinsvorsitzenden Kosel. Es wurden zwar für den
Truppenübungsplatz Rückhaltebecken gebaut, stellte ein Ransbacher Forellenzüchter fest,
aber schmutzfrei sind diese Einleitungen längst nicht. Der stellvertretende
Bürgermeister Steinbauer aus Schmidmühlen äußerte Bedenken zur geplanten
Wasserableitung, da man auf die Einnahmen aus dem Tourismus setzt, der wiederum die
Lauterach braucht. Peter Philip begleiten unsere Freunde und schützen sie. Nach Anhörung
der unmittelbar Betroffenen war deutlich geworden, dass die Lauterach keineswegs
nutzlos ins Schwarze Meer fließt, wie der erste Bürgermeister Neumann aus
Lauterhofen von der Presse zitiert wurde.
Kann man Grundwasser verkaufen ?
Immer wieder wurde an den Tischen
oder bei Unmutsäußerungen der Verkauf des Wassers durch die Lauterhofener
angesprochen. Der Äußerung vom 2. Bürgermeister Deinhard, dass das Wasser nicht
verkauft werden kann, wollte man nicht glauben. Noch weniger aber glaubte man
an die Richtigkeit der Auffassung von Marktrat Renner aus Lauterhofen. Er hielt es für
ganz selbstverständlich, die Lieferungen nach Neumarkt dann einzustellen, wenn das Wasser
für eigene Bedürfnisse gebraucht würde. Dass Lauterhofen beim Umgang mit Neumarkt diese
Entscheidungsfreiheit hätte, bezweifelten selbst Anwesende aus Lauterhofen und
Trautmannshofen. Marktrat Christophel aus Lauterhofen mahnte an, dass die zentrale Frage
noch anzusprechen sei, wer denn überhaupt Wasser verkaufen darf und wie so ein Verfahren
abläuft. Offensichtlich gibt es dazu auch unterschiedliche Rechtsauffassungen.
Marktrat Lang aus Kastl meinte, dass das Wasser durch Lauterhofen zwar tatsächlich nicht
verkauft werden kann, dass sich aber wirtschaftliche Vorteile für Lauterhofen daraus
ergeben könnten, wenn man sich den Aufwand für die Wasserförderung und die
Wasserschutzgebiete mit Neumarkt teilen kann. Jedoch - bei den Entscheidungsabläufen zur
Birgländer Abwassereinleitung habe er lernen müssen, so Lang, dass die derzeitige
Rechtslage den Vorratsgedanken der Kastler nicht unterstützte. Man konnte also anderen
die Nutzung der Lauterach nicht verwehren, weil man sich in einigen Jahren selber
entwickeln will und die Lauterach bräuchte. Vielmehr wird die Nutzung bis zur erlaubten
Belastungsgrenze jeweils denen gewährt, die jetzt dafür anstehen, egal ob
Anliegergemeinde, oder nicht. Lang meinte, dass er das zwar für falsch hält und er nach
wie vor von unserer Lauterach reden wird, aber auch aus Lauterhofener Sicht
sei Nachdenklichkeit schon deshalb angebracht, weil Lauterhofen nicht nur im Wohnhausbau,
sondern auch beim Gewerbe, zum Beispiel an der Autobahn, eine beachtliche Entwicklung
nimmt, wofür die Lauterach auch als Wasserlieferant oder Vorfluter gebraucht würde,
womit die sie eine Option für die Zukunft biete.
MdL Nentwig knüpfte an, dass er
genau aus diesen Überlegungen seine sicherlich plakative Äußerung vom Verkauf der
Zukunft hergeleitet habe. Er könne nicht einsehen, dass die Neumarkter ihre
hausgemachten Probleme einfach auf die Lauterachtalgemeinden abwälzten. Er habe noch gut
vor dem geistigen Auge die riesigen Lager teergetränkter Masten in Neumarkt direkt neben
dem Trinkwasserreservoir. Auch deshalb sollten die Verantwortlichen im
Wasserwirtschaftsamt akzeptieren, dass das Verfahren da stattfinden muss, wo Betroffenheit
liegt. Der Zeitpunkt zum Handeln für die Betroffenen sei jetzt, weil erfahrungsgemäß
hinterher kaum mehr was zu verändern sei. Die Betroffenen müssten das Thema jetzt
besprechen, nicht erst, wenn alles festgeklopft ist. Der Vorsitzende des Vereines
Freunde des Lauterachtales bestätigte den Abgeordneten. Er erinnerte sich
verärgert an die Behandlung der Betroffenen durch die Behörden, als die Entscheidung zum
Abwasser vom Birgland anstand. Man fühlte sich bei der Anhörung durch die Behörden
behandelt wie ein Lausbub.
Auch Gabi Tanner-Fritsch vom BN argumentierte in diese Richtung. Wer Zeitung liest habe
mitbekommen, dass die Neumarkter Politiker jetzt dadurch vorsorgen wollen, dass sie das
Wasser, das sie brauchen, von irgendwo herholen. Dabei höre man kein Wort von
Einsparungsmöglichkeiten. Unsere Wasservorkommen liegen im Karst und sind äußerst
verletzlich. Man müsse endlich lernen, dass man mit Geld nicht alles kaufen kann, meinte
die Naturschützerin. Jochen Medel vom Fischerei Verband Oberpfalz, zugleich
Fischereivorsitzender in Neumarkt bestätigte, dass Probleme auf das Trinkwasservorkommen
an der Miss zukommen. Die B299 soll gebaut werden und aus der Mastenproduktion treiben
Schwermetalle auf die Miss zu. Reinhold Fritsch vom BN aus Velburg wies darauf hin, dass
der Kanal auch mit der Begründung gebaut wurde, Wasser vom Donauraum in das wasserarme
fränkische Gebiet zu befördern. Nürnberg gewinne bereits Trinkwasser aus dem Kanal.
Auch an Neumarkt führt der Kanal unmittelbar vorbei.
Die Landwirte Wiesner und Plank aus
Kastl forderten die Neumarkter auf, zunächst Einsparungsversuche und wenigstens für das
Brauchwasser die Regenwassergewinnung anzustreben, dann werde man auch darüber reden
können, das reine Trinkwasser aus dem Lauterachtal zu beziehen.
Verbandsräte aus Lauterhofen
Marktrat Matschiner aus Kastl ist
zugleich Verbandsrat der Pettenhofener Gruppe, da Pfaffenhofen aus historischen Gründen
von dort sein Wasser bezieht. Er bekannte, dass dieses Problembewusstsein bei ihm bisher
so nicht vorhanden war und er jetzt auch in der Verbandsversammlung genauere Informationen
haben möchte. So wie er seine Kollegen Verbandsräte einschätzt, werden die nicht
hinnehmen, dass die Nachbarn durch ihre Entscheidung große Nachteile hinnehmen müssen.
Auch 2. Bürgermeister Deinhard
stellte fest, dass die Wasserversorgung Lauterhofen nicht auf Neumarkt angewiesen ist und
die Flächen Lauterhofen gehören. Mit dem Vorschlag, die Flächen für
Wasserschutzgebiete gemeinsam anzustreben, sei Neumarkt vorgeprescht. Auch ihm
liege an einem guten Verhältnis zu den Nachbargemeinden. Markträtin Meier aus
Lauterhofen wusste, dass in der dritten Kalenderwoche des neuen Jahres ein Infoabend zum
Thema stattfinden soll. MdL Nentwig mahnte nochmals an, dass dieser Abend dort stattfinden
müsse, wie die Benachteiligten aus so einem Vorgang sitzen.
Wie geht es weiter?
Als weiteres Vorgehen schlug Armin
Nentwig vor, dass er die vorgetragenen Punkte zusammenfasst und dem Wasserwirtschaftsamt
vorlegt. Den Anwesenden empfahl er, in Bezug auf das jetzt laufende Verfahren Eingaben an
den Peditionsausschuss des Landtages zu machen. Damit würde das Umwelt- und das
Innenministerium befasst und der Minister muss sich der Sache annehmen.
Danach gäbe es eine öffentliche Verhandlung, die in 40 Prozent der Fälle zumindest
teilweise Erfolg bringt.
Die anwesenden Gemeinderäte aus Birgland, die vor einem Jahr wegen ihrer Abwassereinleitung mit den Kastlern schwierige Verhandlungen führten, signalisierten ihre Unterstützung in dieser Sache. Da werden die Kastler wohl wieder gespalten sein, spekulierten sie. Die einen werden sagen, dass man zu allem Überfluss auch noch den Dreck aus dem Birgland hat, die anderen werden sagen, dass wenigstens die Birgländer das gereinigte Abwasser schicken und wieder andere wird es gar nicht interessieren.
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